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Warumaberherrschten inÖsterreich-UngarnunzulänglicheVerlagsbedingungen?
Dashingmit ästhetischenwie sozioökonomischenundnicht zuletzt auchmithe-
gemonialpolitischen Dynamiken während der konstitutionellen Ära (1860–1918)
zusammen. Eine auf die deutsche Sprache ausgerichtete nationalistische Politik,
die besonders auch indenBereichenderKunst, Kultur undBildungVormacht-
stellung beanspruchte, führte zuWiderständen in denKronländern derMon-
archie. „Auch für den Buchhandel brachte die seit den siebziger Jahren [des
19. Jahrhunderts, CM] verstärkt spürbare Tendenz zunationalerAbkapselung
Probleme, sah er doch wichtige Absatzgebiete dahinschwinden und orien-
tierte sich inder Folgenoch stärker als bisher amdeutschenMarkt.“66Hinzu
kam eine veraltete Gesetzgebung fĂĽr Buchhandel und Zeitungswesen: Das
PreĂźgesetz vom 17. Dezember 1862 bestandbis zumEnde derMonarchie und
entschärfte die Zensurnurmarginal. FürAutoren,Herausgeber,Verleger und
Drucker konnte das Gesetz sogar größeren finanziellen Schaden anrichten.
Die Zensurmusste zwarnichtmehr indieProduktionsprozessederVeröffent-
lichungeinesManuskriptes eingebundenwerdenunddiese erst genehmigen.
Allerdings konntenbereits gedruckteAuflagenbeschlagnahmtwerden,wenn
der Verdacht auf Verstöße gegen das Strafgesetz bestand, etwa bei Ehrenbe-
leidigungoderVerstößengegendie öffentliche Sittlichkeit undRuhe.Die Be-
schlagnahmung bereits produzierter BĂĽcher schadete den Verlegernweitaus
mehralsdie InterventionderZensurvorderAnfertigung.67
Abgesehen von dieser Verlagerung der staatlichen Zensur auf eine zuneh-
mendeSelbstzensurderAutorenundVerlegerzeigtederStaatzudemwenig Inter-
esse,dasUrheberrechtzumodernisieren.68DieAutorenrechtewarenmitdem1895
verabschiedetenUrheberrechtnurzumTeilabgesichert.Erst imLaufedes20. Jahr-
hunderts wurden auch internationale Vereinbarungen getroffen, doch im deut-
schenKaiserreich–mit demSonderabkommen für denBuchhandel bestanden–
warenetwa inĂ–sterreichhergestellteĂśbersetzungenbereitsnachzehn Jahrenur-
heberrechtsfrei. DieWeigerung des österreichischen Staates, sich internationalen
Urheberrechtsabkommen (konkret: der 1886 unterzeichneten Berner Ăśberein-
kunft) anzuschlieĂźen, istmit derMehrsprachigkeit in derMonarchie zu begrĂĽn-
den, die eine verstärkte Zufuhr von im Ausland produzierten und damit in
Österreichhöherpreisiger vertriebenenBüchernnotwendiggemachthätte.Neben
diesen rechtlichen Unsicherheitsfaktoren wanderten deutschsprachige österrei-
chische Schriftsteller ins Ausland ab, da der Schutz der Berner Ăśbereinkunft
66 Bachleitner/Eybl/Fischer:GeschichtedesBuchhandels inĂ–sterreich,S. 202.
67 Vgl.Bachleitner/Eybl/Fischer:GeschichtedesBuchhandels inĂ–sterreich,S. 202.
68 Vgl. Murray Hall: Österreichische Verlagsgeschichte 1918–1938. Bd. 1. Wien/Köln/Graz
1985,S.31.
110 III Schaukal inNetzwerkenundFeldernderModerne
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Title
- Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Author
- Cornelius Mitterer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-061823-5
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 312
- Categories
- Weiteres Belletristik