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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
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Beispiel für die technisch bedingten Innovationen der Druckverfahren gilt die Neue Freie Presse, die als erste Zeitung Europas auf Endlospapierrollen gedruckt wurde.84 Dies führte gemeinsammit dem Anstieg der Alphabetisierungsrate zu einer „zweitenLeserevolution“ (1880–1914).85 Technologische, sozioökonomische undbildungspolitischeVeränderungenvergrößertenalsodasallgemeineLesepub- likum,waseinverändertesKauf-undRezeptionsverhaltennachsichzogundNeu- gründungenvonPrintmedieningroßerZahlzurFolgehatte. Bis zum ErstenWeltkrieg blieb die Zeitung noch vor dem Film das wich- tigste klassenübergreifende Massenmedium und dementsprechend auch für denKulturbetriebvonentscheidenderBedeutung.Gleichzeitig blicktedasWie- ner Zeitungswesen zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf eine lange und leben- dige Tradition sowie auf bedeutende Kritikerpersönlichkeiten zurück. Neben Daniel Spitzer (1835–1893), Friedrich Uhl (1825–1906) und Ludwig Speidel (1830–1906) setzte sich vor allem auch Ferdinand Kürnberger (1821–1879)mit dem kulturellen wie gesellschaftspolitischen Wert der Zeitung auseinander. 1873schriebKürnberger: DieKultur erzeugtdieBuchpresse, aberdiedemokratisierteKulturdie Zeitungspresse. Je mehr dasMittelmaß,man könnte richtiger sagen, dieMittelmäßigkeit, der literarischen Kultur ihre Ufer ausdehnt, desto gewisser ergießt sich die Literatur unaufhaltsam und stromweiseausdemBuchindieZeitung.86 Zur selben Zeit veröffentlichte Friedrich Nietzsche seineUnzeitgemäßen Betrach- tungen.DarinkritisierterdieGleichsetzungvonmilitärischerundkulturellerÜber- legenheit, die nach demDeutsch-Französischen Krieg 1870–1871 den deutschen Geist zugunsten des Deutschen Reichs zu beseitigen drohe87 und im gesamten publizistischenFeldeinenGlückstaumelausgelösthabe: Ich empfinde diesen Taumel und dieses Glück in dem unvergleichlich zuversichtlichen Benehmen der deutschen Zeitungsschreiber und Roman-, Tragödien-, Lied- und Histo- rienfabrikanten: denndies ist doch ersichtlich eine zusammengehörigeGesellschaft, die sich verschworen zuhaben scheint, sichderMuße- undVerdauungsstundendesmoder- nen Menschen, das heißt seiner „Kulturmomente“ zu bemächtigen und ihn in diesen durchbedrucktesPapierzubetäuben.88 84 Vgl.Timms:DynamikderKreise,S.52. 85 HarroSegeberg:Literatur imtechnischenZeitalter.Darmstadt 1997,S. 228. 86 FerdinandKürnberger: Glosse zumWiener Zeitungswesen [10.Mai 1873], zit. nachGreve/ Volke: JugendinWien,S.24. 87 Vgl. Friedrich Nietzsche: Unzeitgemäße Betrachtungen. Erstes Stück: David Strauss. Der Bekennerundder Schriftsteller. In:Nietzsche:Werke indrei Bänden.Hg. vonKarl Schlechta. Darmstadt1982,Bd. 1,S. 137–207,hierS. 137. 88 Nietzsche:UnzeitgemäßeBetrachtungen,S. 138–139. 114 III Schaukal inNetzwerkenundFeldernderModerne
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Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Title
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
Author
Cornelius Mitterer
Publisher
De Gruyter Open Ltd
Location
Berlin
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-061823-5
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
312
Categories
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