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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
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Kurt Ifkovits188 der kollektive Gedanke sowie die neuen Symbole, Ideen, Lebenstypen unmittel- bar aussprächen, sei diese erkenntnistheoretisch wertvoll. Darin liege auch das Faszinosum für Freunde und Gegner des aktuellen russischen Geisteslebens. Die politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen wirken sich auch auf die theatralen Symbole aus, wobei Gregor erneut Analogien zur bildenden Kunst zieht:  Der Ansturm neuer Gedanken und Gefühle forme also rasch neue theat- rale Symbole. Diese Erneuerung der Werte bedeute zugleich Auflösung. Vasilij Kandinskijs Bildsymbolik, dessen Reduktion auf das Einfachste, Elementarste, habe im Theater, besonders im sogenannten „entfesselten Theater“ Tairovs, „seine genauen Parallelen gefunden“. Tairov habe ein autochthon russisches Theater entworfen, das „zu den Kräften der primären, starken Schauspielkunst“ [RT 40f.], zum ‚puren‘ Theater, zum stilisierten Stil der Rede und des Spiels zurückkehren möchte. Der Schauspieler werde nicht in ein Bild gestellt, sondern auf die Bühne, womit sich Tairov zum Wiederentdecker der Dreidimensionalität der Bühne mache. Nicht die Auflösung des Theaters, sondern, umgekehrt, stren- gere Bindung bedeute das entfesselte Theater; in Raumkonstruktionen ist der Schauspieler beispielsweise gezwungen, präziser zu spielen. Ähnlich den Bildern Kandinskijs werde die Anordnung der einzelnen konstitutiven Elemente (Büh- nenbild, Schauspieler) neu erfunden, womit sich ein Assoziationsraum öffne. Indem Tairov auf überkommene szenische Mittel der Raumwertigkeit verzichtet und stattdessen die alten Raumverhältnisse der Bühne zugrunde legt, entstehe Raumsymbolik (anstelle von Bildsymbolik). Dabei erziele er ähnliche Ergebnisse wie das Barocktheater:  Vorgetäuschte Architektur wirke raumsymbolisch [vgl. RT  43]. Das Architekturtheater, insbesondere die Versuche Tatlins, gelten Gregor als logische Konsequenz des Raumkünstlers Tairov und zugleich als Vollendung, über die hinaus keine weitere Auflösung mehr möglich sei. In der voranschrei- tenden Reduktion auf elementare Gebilde wie Pfeiler, Kreis, Segel wird die Bühne selbst Symbol mit räumlich-dramatischer Wirkung; ein Symbol, das kaum mehr mit Schauspielern zu bevölkern sei  – radikalstes Theater. Auch Mejerchol’d kehre zu den „reinen Elementen des Theaters“ zurück. In seinem dynamisch-bewegten Theater sei der „Ausdruck des Spiels statt im Bilde und in der Stimmung, statt in der Rede und in der Beleuchtung“ „in der für das Kollektivum tätig sind, dann stürzen sich diese verloren gegangenen Werte in das schöne Scheinbild des Theaters, um sich zwischen acht Uhr abends und Mitter- nacht ungehindert ausleben zu können.“ Um die Forderung zu erheben:  „Nein, in Russland sollte vor allem das Theater verboten werden.“ (Ders.:  Gastspiel Moskauer Künstlertheater, Typoskript, Theatermuseum, Wien HS_VM 2742 Gr).
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Title
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Subtitle
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Author
Primus-Heinz Kucher
Editor
Rebecca Unterberger
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Size
14.8 x 21.0 cm
Pages
466
Category
Kunst und Kultur
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹