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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
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Gregors Sowjetreise und Das russische Theater 191 des Films exemplifiziert. Am russischen Theater fasziniere die „Ergriffenheit im Ganzen“ und Analyse im Einzelnen, am amerikanischen die „primitive Synthese der Erscheinungen“.40 Das amerikanische Theater befriedige das Unterhaltungs- bedürfnis, dem eine materialistische Weltanschauung zugrunde liege. Bei beiden Ausformungen handle es sich um zwei Pole gegenwärtiger Kultur. Den (fast) identischen Titel, nämlich Russisches und amerikanisches Thea- ter. Pole der Gegenwartskultur trug auch jener Vortrag „mit Lichtbildern und Grammophon-Einlagen“, den Gregor beispielsweise im Februar 1929 in Mün- chen41 und am 1.  Februar  1931 vor dem Wiener Frauenverein in den Räumen der Politischen Gesellschaft hielt.42 Bereits der Titel antizipiert die antitheti- sche Argumentation, die in einer gewissen Weise das Nachkriegsszenario des Kalten Krieges vorwegnimmt:  Amerika und die Sowjetunion als geographisch wie ethnographisch unterschiedliche Welten, deren Gegensätze sich durch die politische Entwicklung der letzten Jahre verstärkt haben. Gregor illustriert dies mittels der Folklore:  Während das russische Volkslied schlicht-‚innig‘ sei, seien amerikanische Tanzweisen spitz-grell-rhythmisch. Ebendies zeige sich auch in der Malerei:  Russische Zeichnungen charakterisiere anspruchslose, gefühls- betonte Primitivität, indianische Masken und Tänze dagegen zeigen „stark auf physiologischen Reiz eingestelltes künstlerisches Streben“. Selbiges gelte adäquat für die Bühne:  Das russische Theater möchte die Aufmerksamkeit des Zuschau- ers auf das Wichtigste konzentrieren, primitiv und analytisch bleiben, während das amerikanische Theater synthetisch Detail über Detail  – Schauspieler, Aus- stattung, Musik etc.  – türme, um den Zuschauer zu ‚erschlagen‘. Amerika ziele auf Reiz, Unterhaltung und Entspannung vom Alltag; in Russland bedeute das Theater die ‚Krönung‘ des Alltags.43 Wohin sich Europa wenden mag, darüber trifft Gregor noch keine Entscheidung.44 40 Ebd., S.  10. 41 Vertrag Kammerspiele im Schauspielhaus (München)  – Joseph Gregor, 16.2.1929, Theatermuseum, Wien HS_VM 78555Gr. 42 Im Nachlass Gregors hat sich kein Vortragsmanuskript erhalten, sodass der Inhalt aus zeitgenössischen, sehr wohl im Nachlass befindlichen Zeitungsberichten rekons- truiert werden muss. 43 Vgl. -y -y.:  Vortrag Josef [sic] Gregors im Wiener Frauenheim. In:  Neue Freie Presse (1.2.1931), S.  15. 44 Vgl. ebd.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Title
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Subtitle
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Author
Primus-Heinz Kucher
Editor
Rebecca Unterberger
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Size
14.8 x 21.0 cm
Pages
466
Category
Kunst und Kultur
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