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Olesya
Bobrik278
Nachdruck in den UE-Katalog aufzunehmen, stellten sich nach Erhalt der Noten
bei Dzimitrovskij und dem Direktor der UE, Emil Hertzka,42 Zweifel hinsichtlich
der Vertriebsmöglichkeiten ein. Grund dafür war auch die schlechte Qualität des
sowjetischen Papiers, worüber Muzsektor durch Deržanovskij auch wiederholt
informiert wurde:
Nachdem wir alle Exemplare gesichtet haben, die von Ihnen zugesandt worden sind,
bemerkten wir, dass es derzeit undenkbar ist, eine Bestellung beim Verlag Muzsektor
zu tätigen. 75–80 % dieser Exemplare sind auf scheußlichem Papier gedruckt und nicht
ein Musikjournal in Europa, von Amerika gar nicht zu sprechen, wird diese Exemplare
kaufen, nicht einmal für einen Apfel und ein Ei wird sie jemand nehmen.43
Nichtsdestotrotz wurde nach längerem Zögern am 2. April 1927 in Wien im
Beisein des Chefs von Muzsektor Gosizdat, Aleksandr Jurovskij,44 ein Vertrag
zwischen dem österreichischen und dem sowjetischen Verlag abgeschlossen.
Das einzige bekannte Dokument, auf dessen Grundlage das Datum des Ver-
tragsabschlusses rekonstruiert werden kann, wurde vom Mitarbeiter des histo-
rischen Archivs der UE Werner Schembera-Teufenbach vorgelegt: ein Brief von
Jurovskij nach Wien, datiert mit 24. März 1928 (s. Abb. 3). In diesem Schreiben
erläutert der Muzsektor-Direktor die Erscheinungsbedingungen der gemein-
samen Ausgabe des Tanec (dt. Tanz) für Klavier op. 30, Nr. 1 von Polovinkin
und bezieht sich dabei auf eine Vereinbarung vom 2. April 1927. Im November
1927 wurde in der Zeitschrift Muzyka i revoljucija (dt. Musik und Revolution)
der Artikel „Dejatel’nost’ Muzykal’nogo Sektora Gosizdat“ (dt. „Die Tätigkeit
des Musiksektors von Gosizdat“) von Jurovskij publiziert, in dem der Vertrag
zwischen Muzsektor und der UE gleichfalls Erwähnung fand.45 Bald nach Ver-
tragsabschluss traten auch erste Ergebnisse zutage, wie zum Beispiel Annoncen
für Drucke von Muzsektor in der Zeitschrift Musikblätter des Anbruch vom Mai
beziehungsweise Juni 1927 (Nr. 5/6).
42 Emil Hertzka (1869–1932), Direktor der UE von 1909 bis 1932.
43 VMOMK, nach Michail Glinka. Bestand 3. Nr. 1073. Blatt 1–2.
44 Aleksandr Jurovskij (1882–1952), von 1925 bis 1944 Leiter von Muzsektor Gosizdat.
1930 wurde „Muzsektor Gosizdat“ umbenannt in Gosudarstvennoe muzykal’noe
izdatel’stvo RSFSR (dt. Staatlicher Musikverlag der RSFSR, kurz: Muzgiz).
45 Jurovskij A. Dejatel’nost’ Muzykal’nogo Sektora Gosizdata // Muzyka i revoljucija,
1927 Nr. 11. S. 35.
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Title
- Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
- Subtitle
- Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Author
- Primus-Heinz Kucher
- Editor
- Rebecca Unterberger
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-631-78199-9
- Size
- 14.8 x 21.0 cm
- Pages
- 466
- Category
- Kunst und Kultur