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90 Alexander Auf der Heyde
sches in sich schließt.«74 Die hier zum Tragen kommende Methode, begrifflich-ethy-
mologisch zu argumentieren, erinnert stark an Rumohrs bereits zitierten Versuch, den
Stilbegriff durch Rückbesinnung auf die ursprüngliche Bedeutung des Wortes »stilus«
umzudeuten.75 Und der ›Geist‹ des norddeutschen Kunstschriftstellers inspiriert auch
weitere Passagen des bereits zitierten Textes. Vor allem die Behauptung, »daß die Tech-
nik von großen Geistern zugleich mit der Kunst im ersten Griff erfunden oder vielmehr
entdekt worden ist«76, findet in Rumohrs kontrovers rezipiertem Giotto-Kapitel der
Italienischen Forschungen eine bedeutsame Quelle, wird doch hier die »Lebendigkeit« des
Malers auch auf eine neue technische Verfahrensweise (den Gebrauch eines neuartigen
Bindemittels) zurückgeführt.77
Wenn Eitelberger in den Paragraphen 52–59 des Vorlesungsprogramms das System
der Künste und ihre historische Entwicklung in den Darstellungen der ästhetischen
und kunstwissenschaftlichen Literatur kritisch diskutiert, dann zeigt sich ebenfalls, dass
die Materialeigenschaft nunmehr das maßgebliche Gliederungsprinzip geworden ist.
Thesen wie »Der Stoff bildet die Eintheil[un]g der K[ün]ste« (§ 52) erinnern an Pli-
nius’ materialbasierte Ordnung der Künste in der Naturgeschichte, wobei die Gebrüder
Müller in diesem Zusammenhang wohl als philologische bzw. kunsttheoretische Ver-
mittler fungiert haben dürften :78 Otfried Müller gliedert im systematischen Teil seines
Handbuchs die beiden Hauptgruppen der tektonischen (Architektur, Geräte) und bil-
denden Künste (Malerei, Plastik, Kunstgewerbe) aufgrund der verwendeten Materialien
in Stein-, Holz-, Lehm- und Metallmanufakte sowie in Tonmodellierung, Metallguss,
Holzschnitzerei, Steinbildhauerei, Metall- und Elfenbeingravur, Steinschneiderei, Glas-
brennerei, Stempelschneidekunst, Zeichnung, Wasserfarbenmalerei, Enkaustik, Vasen-
malerei und Mosaik.79 Ein ähnliches Gliederungsprinzip wird Eitelberger (wohl unter
Anleitung seines Mentors) bei der Katalogisierung der Sammlung Böhm in Holz-
schnitzerei, Elfenbeinschnitzerei, Kleinbronzen, Münzen, Medaillen, Metallgravuren,
74 R. Eitelberger von Edelberg, Ueber die Technik der Medailleurs. Antwort auf Herrn Dr. Mel-
lys offenes Sendschreiben, in : Sonntagsblätter, IV, 1845, 5, 26.01., S.
84–88, hier S.
86.
75 Vgl. dazu A. Auf der Heyde, Stil/stylus : Rumohrs Versuch einer Neuprägung des Stilbegriffs und
die Flucht in die Kulturgeschichte, in : L’idée du style dans l’historiographie artistique : variantes
nationales et transmissions (hg. von S. Frommel/A. Brucculeri), Rom 2012, S.
21–33.
76 Eitelberger, Ueber die Technik der Medailleurs (zit. Anm.
74), S.
86 f.
77 Rumohr, Italienische Forschungen (zit. Anm.
23), II, S.
60 f. Wie kontrovers Rumohrs These auch
viele Jahre nach Veröffentlichung der Italienischen Forschungen rezipiert wurde, belegt die Reaktion
von R. Vischer, Rumohr und Giotto, in : Studien zur Kunstgeschichte, Stuttgart 1886, S. 58–89,
hier S.
59 f.
78 Eitelberger, Programm der Vorlesungen »über Theorie der bildenden Künste« (zit. im Anhang,
S.
106), Bl.
4v.
79 Müller, Handbuch der Archäologie der Kunst (zit. Anm.
29), S.
366–400.
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Title
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Subtitle
- Netzwerker der Kunstwelt
- Authors
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 562
- Category
- Biographien