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244 Eva Kernbauer
IV
Diese zahlreichen sinnstiftenden Anleihen aus England zeigen, wie Quadal sein
Gemälde als ambitionierte und vielschichtige Interpretation der bildenden Kunst als
praktische Wissensform präsentierte. Ebenso wichtig aber waren die Abweichungen
von Zoffanys Akademiedarstellung: Obwohl die Akademie unter der Ägide Kaunitz’
über eine gut ausgestattete Antikensammlung und eine umfangreiche Bibliothek ver-
fügte, war dieser Wissenshorizont der bildenden Kunst ebenso wenig dargestellt wie
der Gedanke der Fortführung und Wiederbelebung der Antike. Nicht eine einzige
Antike verweist auf den noblen historischen Praxishorizont der Akademiker und ihres
Aktmodells, und bis auf vereinzelte Zwiegespräche bleibt der Austausch unter den
Künstlern stumm. Im Zentrum steht das konzentrierte, versunkene praktische Arbei-
ten (das Zeichnen, Malen, Modellieren), dem als einziger Anhaltspunkt die Lichtquel-
len und als einziger Maßstab prüfende oder wohlwollende Blicke dienen: Quadals
Aktsaalbild zeigt keine theoretische, sondern eine ausübende Akademie. Nicht nur
wandte der Künstler damit eine Terminologie an, die der Klassifikation der Wissen-
schaften entlehnt war; er entwarf auch eine akademische Arbeitspraxis, die an zeitge-
nössischen wissenschaft
lichen Darstellungen orientiert war. Bei aller sozialen
Abb. 6: Joseph Wright of Derby, Das Experiment mit der Luftpumpe, 1768 (London, National Gallery,
Inv.-Nr. NG725)
Schöne Wissenschaften
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Title
- Schöne Wissenschaften
- Subtitle
- Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Author
- Nora Fischer
- Editor
- Anna Mader-Kratky
- Publisher
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8642-7
- Size
- 20.9 x 29.3 cm
- Pages
- 306
- Category
- Kunst und Kultur