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44 Sieht man von den seit dem Jahr 1905 arg beengten Raumverhältnissen und
einer eher knapp bemessenen Dotation ab, war die Bibliothek der Grazer Tech-
nischen Hochschule, damals im ersten Stock des Hauses Rechbauerstraße
12 untergebracht, unter der Leitung von Bibliotheksdirektor Dr. Emil Ertl eine
durchaus gut bestellte und leistungsfähige Einrichtung. Im Jahr 1914 bestand
das Bibliothekspersonal aus drei Personen: Direktor Dr. Emil Ertl, selbst auch
als Literat tätig, und zwei Bibliotheksdiener, Bibliotheks-Assistent Dr. Josef
Geba und Josef Thaller.38
Der unvermittelte Kriegsbeginn im Sommer des Jahres 1914 führte dazu, dass
eine große Zahl von Entlehnern, die zu den Waffen gerufen wurden oder aus
anderen Gründen hastig aus Graz abreisten, von ihnen entlehnte Werke nicht
mehr zurückstellten. Da mit dem ersten Tag der Mobilisierung auch die bei-
den Bibliotheksdiener zum Kriegsdienst einberufen wurden, war ein wirksa-
mes Handeln in diesem Bereich weiter erschwert worden. Über die damalige
Situation wurde im Juni 1915 vom Rektorat an das Ministerium für Kultus und
Unterricht berichtet:
Dem Bibliotheksdirektor Dr. ERTL ist es durch persönliche Intervention bei
Angehörigen und Quartiergebern von säumigen Entlehnern zwar gelungen,
manche Verluste zu verhüten, eine Anzahl von Entlehnern war aber nicht zu
erreichen, oder die entlehnten Bücher fanden sich unter den zurückgelasse-
nen Effekten nicht vor. Dabei wirkte auch der Umstand erschwerend, daß die
auf die Bibliotheksbenützung bezüglichen Entlehnungsrechte der immatriku-
lierten Hörer durch den Ausbruch des Krieges keineswegs aufgehoben waren,
und daß es keine gesetzliche Handhabe gab, feindlichen Ausländern, insbe-
sondere russischen Staatsbürgern, die an unserer Hochschule immatrikuliert
waren, diese Entlehnungsrechte abzusprechen, solange nicht durch den erst
am 13. Oktober 1914 erflossenen h. U. Min. Erlaß Zl: 2861 solche Ausländer von
einer neuerlichen Inskription ausgeschlossen wurden.
Dr. Ertl führte in einer zeitgleichen Stellungnahme aus, dass sich der dies-
bezügliche Verlust an Buchwerten auf etwa 800 Kronen im Neuwert belaufen
würde, es gäbe aber die Entlehnscheine für die Bücher, und somit wäre zu hof-
fen, daß nach Wiederkehr normaler Zustände auf die Rückstellung der meisten
noch zu rechnen ist. Inventarabschreibungen würde daher erst zu einem spä-
teren Zeitpunkt vorgenommen.39 Tatsächlich verringerten sich die Buchver-
luste im Lauf des Krieges, wie vorhergesehen, und so konnte Direktor Ertl dem
Ministerium am 30. Juni 1917 bereits mitteilen, dass sich durch die Rückstel-
lungen von Büchern die Verluste auf rund 400 Kronen halbiert hatten.40
Die Bibliothek der
Technischen Hochschule
und ihre Entwicklung
Bücherverluste durch
den Kriegsbeginn
38 ATUG, Rektoratsakte 208 ex 1915, Schreiben vom 16. 3. 1915 und 859 ex 1915,
Schreiben vom 29. 9. 1915.
39 ATUG, Rektoratsakte 481 ex 1915, Schreiben vom 21. 6. 1915.
40 ATUG, Rektoratsakte 554 ex 1917 und 714 ex 1917, Schreiben vom 30. 6. 1917.
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Title
- „ In diesen schweren Tagen“
- Subtitle
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Author
- Bernhard Reismann
- Editor
- Technische Universität Graz
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Size
- 20.0 x 25.0 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Categories
- Geschichte Nach 1918