Page - 45 - in „ In diesen schweren Tagen“ - Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
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Probleme ergaben sich in diesem Zusammenhang vor allem durch Bücher, die
im Lauf der Kriegswirren verlorengingen. Der Student an der Bauingenieur-
abteilung, Bernhard Halberthal aus Brzezany (Bereschany) in Galizien zum
Beispiel, hatte sich an der Hochschulbibliothek noch am 13. und 14. Juli 1914
zwei Bücher entliehen und diese über den Sommer mit in seine Heimatstadt
genommen. In Folge des Kriegsausbruches und der größeren Schlachten in
Brzezany - gemeint dürfte wohl die Erste Schlacht im Bereschany rund um
den 26. August 1914 sein - musste die Familie unter Zurücklassung allen Hab
und Guts nach Wien flüchten, wobei auch die Bücher aus Graz zurückgelassen
wurden. Halberthal war mangels Geldmitteln auch gezwungen, seine Studien
an der Technischen Hochschule in Wien fortzusetzen und dort zusätzlich einer
Nebenbeschäftigung nachzugehen. Da er die Bücher nach der Bibliotheks-
ordnung allerdings nicht nach Galizien mitnehmen hätte dürfen, war er dafür
auch ersatzpflichtig. Aus diesem Grund wurde ihm sein Meldungsbuch nicht
nach Wien zugesandt solange der Betrag für den Bücherersatz nicht in Graz
eingetroffen war.41 Am 7. Jänner 1916 berichtete Halberthal dem Rektorat
dann aus Wien, er habe die beiden Bücher jetzt, da seine Heimat vom Feinde
gesäubert ist, zuhause wieder auffinden können und beeile sich sofort seine
alte Schuldigkeit zu quittieren.42
Nicht alle Studierenden waren aber dermaßen bemüht und engagiert. Am
14. Jänner 1916 übergab Bibliotheksdirektor Ertl daher dem Rektorat eine Liste
von 18 Studenten, die bislang ihre 1914 entliehenen Bücher noch nicht zurück-
gebracht hatten, die aber gelegentlich in Graz gesehen wurden. Ertl schloss
an die Übermittlung dieser Liste das Ersuchen an das Rektorat an, diesen Per-
sonen insofern sie in der Rektoratskanzlei noch zu tun hätten, jede Ausfolgung
von Dokumenten, Abschließung von Meldebüchern u. dgl. m. zu verweigern, so-
lange sie nicht ihrer Verpflichtung gegenüber der Bibliothek nachgekommen sind.43
Die schwierige Situation in diesem Bereich wirkte sich aber auch auf die
Assistenten an der Technischen Hochschule selbst aus. Ing. Ferdinand Niko-
lai, seit 1912 Assistent für Analytische Chemie und Anorganisch-chemische
Technologie, beklagte sich am 10. Oktober 1915 beim Rektorat über die Tatsa-
che, dass ihm aufgrund eines Beschlusses der Bibliotheksleitung keine Bücher
mehr ausgehändigt würden, da er seit Jänner 1915 zur Kriegsdienstleistung
einberufen war. Er wurde in der Folge dem Hygienischen Institut der Univer-
sität Graz als Chemiker zugeteilt, befand sich also weiterhin in Graz, und nun
wurde ihm von der Bibliothek der Technischen Hochschule bedeutet, dass
er nicht mehr als Assistent der Technischen Hochschule angesehen werden
könne. Er wurde auf die Benützung des Lesesaals verwiesen, was ihm aber
aufgrund seiner Dienstzeiten nicht möglich war. Das Rektorat forderte in der
41 ATUG, Rektoratsakte 1290 ex 1914, Schreiben vom 1. 10. 1914 und vom 3. 10. 1914.
42 ATUG, Rektoratsakte 12 ex 1916, Schreiben vom 7. 1. 1916.
43 ATUG, Rektoratsakte 35 ex 1916, Schreiben vom 14. 1. 1916.
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Title
- „ In diesen schweren Tagen“
- Subtitle
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Author
- Bernhard Reismann
- Editor
- Technische Universität Graz
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Size
- 20.0 x 25.0 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Categories
- Geschichte Nach 1918