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Problematisch entwickelte sich ab dem Spätherbst 1914 vor allem die Situation
bei den Assistenten, auch wenn die Professoren, zu diesem Zeitpunkt noch
von einer kurzen Kriegsdauer ausgehend, zunächst eher gelassen reagierten.
Ende Dezember 1914 wurde dem Rektorat bekannt, dass bei der gerade im
Gang befindlichen Musterung für den Landsturm mehrere Assistenten und
Konstrukteure der Hochschule für tauglich befunden worden waren und daher
in nächster Zeit die Einberufung zur militärischen Dienstleistung zu erwarten
hatten. Nachdem einige der Professoren der Meinung waren, es sei zulässig,
diese Assistenten als „unentbehrlich im Dienst“ bei der Militärbehörde anzu-
melden und dadurch für die Hochschule zu erhalten, suchte man eine einheit-
liche Linie. Die Professoren wurden daher vom Rektorat aufgefordert, in jedem
einzelnen Fall bekannt zu geben, ob der Lehrbetrieb tatsächlich eingestellt
werden müssen, wenn die betreffenden Hilfskräfte weggenommen werden
würden. Die Hilfe bei wissenschaftlichen Arbeiten oder eigene wissenschaft-
liche Arbeiten fielen nach dem entsprechenden Ministerialerlass vom 20. No-
vember 1914, Zahl 3411 K.U.M. in diesem Zusammenhang nicht ins Gewicht.80
Der erste, der auf dieses Schreiben reagierte, war am 29. Dezember der
Grandsegnieur der steirischen Elektrotechnik, Albert von Ettingshausen,
der um die Enthebung seines Konstrukteurs Dr. Otto Blumenwitz ersuchte,
dazu aber ausführte: Endlich bemerke ich, daß im Falle der Einberufung des
Konstrukteurs die Vorlesungen über Physik (5 Stunden), sowie jene über Elek-
trotechnik (3 ½ Stunden), desgleichen auch die elektrotechnischen Übungen
(8 Stunden wöchentlich) nicht eingestellt werden müßten. Blumenwitz wurde
bei der Musterung am 23. Dezember 1914 als fachlich geeignet für drahtlose
Telegrafie und Fernsprechanlagen bezeichnet.81
Professor Klingatsch folgte tags darauf, gab aber an, dass Assistent Keil-
werth für nicht tauglich erklärt worden sei, der Unterrichtstrieb daher weiter-
geführt werden könne und aus diesem Grunde eine Enthebung der Hilfskraft
Konstrukteur Ing. Johann Ecker, der für tauglich befunden worden war, nicht
begründet werden könne. Ecker war Ende Jänner 1915 allerdings bereits als
Desinfektor beim Krankenzug Nr. 30 des Roten Kreuzes tätig und daher vom
Militärdienst enthoben.82
Dasselbe galt auch für Assistent Ferdinand Nikolai an der Lehrkanzel für
Anorganisch-chemische Technologie, der für den 11. Februar 1915 zur Dienst-
leistung beim Heer einberufen worden war und von Assistent Huber sowie
Professor Benjamin Reinitzer selbst ersetzt wurde. Laborant und Mechaniker
Franz Doupona wiederum werde ebenso binnen Kurzem einberufen, hieß es,
auch er könne durch Aushilfsdiener Kapfer ersetzt werden. Doupona diente
im Februar 1915 bereits bei der k. u. k. Artilleriezeugsabteilung im Arsenal
in Wien.83
80 ATUG, Rektoratsakte 1688 ex 1914, Rundschreiben des Rektorats vom 28. 12. 1914.
81 ATUG, Rektoratsakte 10 ex 1915, Schreiben vom 29. 12. 1914 und Rektoratsakte 80 ex 1915.
82 ATUG, Rektoratsakte 11 ex 1915, Schreiben vom 30. 12. 1914 und Rektoratsakte 80 ex 1915.
83 ATUG, Rektoratsakte 12 ex 1915, Schreiben vom 30. 12. 1914 und Rektoratsakte 148 ex 1915,
Schreiben vom 23. 2. 1915.
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Title
- „ In diesen schweren Tagen“
- Subtitle
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Author
- Bernhard Reismann
- Editor
- Technische Universität Graz
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Size
- 20.0 x 25.0 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Categories
- Geschichte Nach 1918