Page - 94 - in „ In diesen schweren Tagen“ - Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
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94 Bis zum Sommer 1914 verlief die Forschungstätigkeit an der Technischen
Hochschule in Graz in den üblichen Bahnen, wobei von Seiten des Ministeriums
für Kultus und Unterricht in Wien immer wieder auch Sonderdotationen für be-
sondere Anschaffungen bereitgestellt wurden, die im Zusammenhang mit der
Etablierung neuer Wissenschaftsrichtungen und Forschungsbereiche an der
Grazer Hochschule standen. Dem Vorstand der Lehrkanzel für Botanik, Techni-
sche Mikroskopie und Warenkunde, Friedrich Reinitzer, wurde so zum Beispiel
noch im Juli 1914 die vierte und letzte Rate von 600 Kronen einer a. o. Dotation
für Untersuchungen und Fotografie im ultravioletten Licht angewiesen.166
Die Forschungstätigkeit dürfte an der Technischen Hochschule in Graz
während des Ersten Weltkrieges aufgrund des mit den Einrückungen zahlrei-
cher Assistenten und Dozenten in Verbindung stehenden Personalmangels al-
lerdings relativ rasch stark eingeschränkt worden und bald völlig zum Erliegen
gekommen sein. Das Verzeichnis der Publikationen des Instituts für Anorgani-
sche und Analytische Chemie zum Beispiel weist für das Jahr 1914 noch drei
Werke Professor Gustav Hüttigs auf, für 1915 bis 1918 existieren gar keine
Einträge, erst ab dem Jahr 1919 setzen diese zaghaft wieder ein.167
Diese Verhältnisse werden auch durch eine Anfrage des Ministeriums für
Kultus und Unterricht an das Rektorat vom 10. November 1917 unterstrichen.
Das Ministerium wollte wissen, ob und welche Institute und Laboratorien der
dortigen Hochschule für Zwecke der Heeresverwaltung in Verwendung ste-
hen, in welcher Weise dieselben für die Militärverwaltung tätig sind und ob hie-
durch besondere Kosten … erwachsen.
Diese Anfrage gab das Rektorat unter anderem an die Lehrstuhlinhaber der
Chemischen Fachschule weiter, woraufhin Professor Fritz Emich antwortete:
Mein Institut dient den erwähnten Zwecken nicht. Von den Professoren Ben-
jamin und Friedrich Reinitzer kam keine Antwort zurück, Professor Rudolf An-
dreasch teilte mit: Das Laboratorium für anorganisch-chemische Technologie
steht für Zwecke der Heeresverwaltung nicht in Verwendung, und im gleichen
Wortlaut fiel auch die Antwort des Professors Franz Streintz für das Laborato-
tium der zweiten physikalischen Lehrkanzel aus.168
Somit waren die Verhältnisse an der Technischen Hochschule in Graz völlig
anders gelagert als an der „großen Schwester“, der Technischen Hochschule
in Wien, wo zwischen 1914 und 1918 zahlreiche Gutachten für Maschinen in
kriegswichtigen Produktionsstätten oder im Nahrungsmittelbereich entstan-
den, wo seit den späten 1860er-Jahren intensive Forschungskooperationen
mit Heereszulieferern und militärischen Stellen bestanden, wo man im Bereich
der Photogrammetrie mit dem Kriegsministerium im Bereich der Aerophoto-
grammetrie zusammenarbeitete, mit dem k. u. k. Luftfahrtarsenal in Fischa-
Technische Analysen,
Gutachten und kriegs-
wichtige Forschungen
166 ATUG, Rektoratsakte 1086 ex 1914, Schreiben des Ministeriums für Kultus und Unterricht vom 15. 7. 1914.
167 ATUG, Institut für Anorganische und Analytische Chemie, Verzeichnis der Publikationen (ab 1914).
168 ATUG, Rektoratsakte 1145 ex 1917, Schreiben vom 10. 11. 1917 und Antwort vom 2. 12. 1917.
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Title
- „ In diesen schweren Tagen“
- Subtitle
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Author
- Bernhard Reismann
- Editor
- Technische Universität Graz
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Size
- 20.0 x 25.0 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Categories
- Geschichte Nach 1918