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Vereinzelt wurde die Technische Hochschule Graz während der Kriegsjahre
auch von Firmen ersucht, Prüfungen vorzunehmen. Das Steiermärkische Ta-
fel- und Hohlglas-Hüttenwerk Parlow & Hart in Köflach zum Beispiel ersuchte
das Rektorat am 22. September 1915 um die Untersuchung dreier verschie-
dener Sandsorten, die man eventuell zur Glasfabrikation verwenden wollte,
wobei diese Untersuchungen schließlich vom Assistenten Ing. Huber über-
nommen wurden.174
Ganz nebenbei erfährt man aus einem Schreiben Rektor Adolf Klingatschs
vom 20. Oktober 1915, dass die Materialprüfungsstelle des Anorganisch-che-
misch-technologischen Instituts in den Monaten März bis Juni 1915 auch von
k. k. Hüttenwerken im Interesse dringender Militärlieferungen mit der Untersu-
chung und Begutachtung von Materialien beauftragt wurde und muß sich für
amtliche Aufträge in dieser Richtung auch weiterhin in Bereitschaft halten.
Es liegt jedenfalls nahe, dass in der Grazer Materialprüfungsstelle neue Legie-
rungen für die Geschützproduktion untersucht wurden, höchstwahrschein-
lich für die Kapfenberger Böhlerwerke. Näheres zu diesen Untersuchungen
erfährt man zwar nicht, die Materialprüfungsstelle wurde in der Folge aber,
sicher belegt, technisch besser ausgestattet und erhielt im Spätherbst des
Jahres 1915 nach einigen Problemen noch zwei Schleifmotoren der Siemens-
Schuckert-Werke in Berlin-Charlottenburg, die in der Folge als „Kriegssendung“
nach Österreich ausgeführt wurden. Rektor Klingatsch merkte im Zusammen-
hang mit dieser nicht ganz einfachen Lieferung noch weiter an:
Das k. k. Unterrichtsministerium hat die Einrichtung des genannten Insti-
tutes für Materialprüfung im Laufe der Jahre durch Zuwendungen von außer-
ordentlichen Dotationen ermöglicht. Es wäre bedauerlich wenn diese Einrich-
tung in Folge Fehlens eines unentbehrlichen Hülfsapparates [!] gerade jetzt
nicht voll ausgenützt werden könnte. 175
Eher skurrilen Charakters war ein Gutachten, das der Vorstand der Lehrkanzel
für Anorganisch-chemische Technologie, Benjamin Reinitzer, im Auftrag des
Ministeriums für öffentliche Arbeiten für das Kriegsministerium in Wien zu ver-
fassen hatte. Der Grazer Grünerdelieferant Heinrich Timischl aus Wetzelsdorf
bei Graz hatte nämlich als letzter noch verbliebener seiner Art in der Monar-
chie um seine Enthebung von der Militärdienstleistung angesucht, und nun
sollte Reinitzer zu diesem Gesuch eine Stellungnahme abgeben.
Reinitzer führte in der Folge am 8. Dezember 1915 aus, dass sich Grünerde in
der Tat nur an wenigen Orten in größeren Mengen und in brauchbarer Beschaf-
fenheit finde, und dass diese, gemahlen und geschlämmt, in Mischung mit
anderen Erdfarben für grünliche Häuseranstriche und in der Zimmermalerei
174 ATUG, Rektoratsakte 831 ex 1915, Schreiben vom 22. 9. und vom 25. 9. 1915.
175 ATUG, Rektoratsakte 931 ex 1915, Schreiben des Rektors vom 20. 10. 1915.
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Title
- „ In diesen schweren Tagen“
- Subtitle
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Author
- Bernhard Reismann
- Editor
- Technische Universität Graz
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Size
- 20.0 x 25.0 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Categories
- Geschichte Nach 1918