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Zumindest eine Gelegenheit ist aus den vorhandenen Quellen zu erschließen,
die sich aus der Zusammenarbeit mit militärischen Stellen im Bereich der For-
schungs- und Qualifizierungsarbeiten ergab. Im Juli 1915 teilte nämlich der k.
u. k. Chef des Feldtransportwesens, Oberst des Generalstabes Johann Straub,
dem Rektorat in Graz mit, dass der königlich schwedische Bauingenieur Otto
Linton, Professor der Eisenbahnbau-, Straßen- und Brückenbaulehre, zu Studi-
enzwecken die von der Eisenbahntruppe wiederhergestellten provisorischen
Kriegsbauten und neu erbauten Bahnlinien besichtigen werde. Dazu wurden
auch interessierte Professoren der Technischen Hochschule in Graz eingeladen.
Vorgeschlagen waren für diese Besichtigungsreise unter anderem folgen-
de Objekte in Galizien: Die Dunajecbrücke westlich von Tarnów, das Viadukt
bei Grybów östlich von Neu Sandec, die Viadukte Hukliva und Kosar südlich
sowie die Viadukte Opor und Ossolina nördlich von Lawoczne, die Ungbrücke
IV und die Spitzkehre beim Csorbadombviadukt südlich Siánki, der Erzherzog
Karl-Viadukt nördlich von Delatyn, die normalspurige Benzinelektrofeldbahn
von Borgó in Siebenbürgen mit der anschließenden Vollbahnstrecke gegen
Dorna Watra mit einem 600 Meter langen Holzobjekt sowie die Pruthbrücken
bei Czernowitz, Nepolokoutz und Zablatów und schließlich die Dnjestrbrücken
bei Mikolajew, Chodorów und Halicz.180
Das Rektorat der Technischen Hochschule gab daraufhin am 18. Juli 1915
bekannt, dass die Professoren Franz Drobny, Johann Paul und Friedrich Pos-
tuvanschitz, wenn irgend möglich gemeinsam, an dieser Besichtigungsreise
teilnehmen wollten.181
Rund zwei Wochen später teilte der k. u. k. Chef des Feldtransportwesens
der Technischen Hochschule mit, dass die Besichtigungsreisen als Einzel-
reisen durchzuführen seien und die Wahl des Zeitpunktes den Teilnehmern
freigestellt sei. Bekanntgegeben werden mussten noch die Nationale der
Teilnehmer, da diesen ein Legitimationsschein zum Betreten des Etappen-
raumes ausgestellt werden musste. Die Mitnahme von Reisekoffern unterlag
keinem Anstand, die Bahnfahrt war kostenlos, und schließlich hieß es: Län-
gere Fußmärsche werden nicht zurückzulegen sein, da die Bahnobjekte von
den nächstgelegenen Stationen leicht - eventuell mit einem landesüblichen
Fuhrwerke - erreicht werden können.182
Tatsächlich fand diese Besichtigungsreise im September 1915 statt, wobei
auch eine gleichzeitige Teilnahme für die Wiener Hochschulprofessoren Halter,
Kleinwächter und Saliger von der dortigen Fachschule für Bauingenieurwesen
dokumentiert ist.183 Auch Professoren der Technischen Hochschule in Brünn
nahmen an dieser Reise teil, nämlich Dafinger vom Institut für Eisenbahnbau,
Walzl und Hawranek (Brückenbau) sowie Hans Löschner (Geodäsie). Löschner
180 ATUG, Rektoratsakte 532 ex 1915, Schreiben vom 8. 7. 1915.
181 ATUG, Rektoratsakte 590 ex 1915, Schreiben des Rektorats vom 18. 7. 1915.
182 ATUG, Rektoratsakte 653 ex 1915, Schreiben vom 30. 7. 1915.
183 Juliane MIKOLETZKY: „An der Seite der Heerführer steht der Ingenieur“. Hochschulen,
Technik und Krieg 1914 - 1918 am Beispiel der Technischen Hochschule in Wien. In: Wirtschaft,
Technik und das Militär 1914 - 1918. Österreich-Ungarn im Ersten Weltkrieg. Herausgegeben
von Herbert Matis, Juliane Mikoletzky und Wolfgang Reiter (= Austria: Forschung und
Wissenschaft, Geschichte, Band 11), Wien 2014, S. 361 f.
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Title
- „ In diesen schweren Tagen“
- Subtitle
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Author
- Bernhard Reismann
- Editor
- Technische Universität Graz
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Size
- 20.0 x 25.0 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Categories
- Geschichte Nach 1918