Page - 114 - in „ In diesen schweren Tagen“ - Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
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114 Der ergebenst gefertigte, Friedrich Lindtner, Hörer der k. k. Technischen Hoch-
schule in Graz gibt hiemit bekannt, daß er wegen Grenzsperre zwischen dem
engeren und äußeren Kriegsgebiet nicht rechtzeitig nach Graz kommen kann,
weil man ihn über die Grenze nicht läßt.
Er bittet, die Herren Professoren wollen dies zur Kenntnis zu [!] nehmen und
wird alle Schritte unternehmen, damit er sobald als möglich auf die Technik
rückkehren wird.212
Bei Lindtner handelte es sich aber offensichtlich um keinen Einzelfall, denn
das Rektorat richtete am 2. Mai 1916 ein Schreiben an das Armeekommando 5,
politische Gruppe, Feldpostamt 330, in dem vier weitere Hörer aus dem Raum
Laibach und Umgebung namhaft gemacht wurden, die nach Ablauf der Oster-
ferien ebenso keine Reiseerlaubnis nach Graz erhalten hatten. Sie hatten aber
an den am 15. Mai beginnenden lehrplanmäßigen Vermessungsübungen teil-
zunehmen, zu denen die Vorarbeiten bereits im Laufen waren. Das Rektorat
stellte nun an das Armeekommando das Ersuchen, den genannten Hörern die
Bewilligung zur Reise von Laibach nach Graz insbesondere im Hinblick darauf
bewilligen zu wollen, daß eine Nichtteilnahme an den bezeichneten Übungen
den Verlust eines Semesters zur Folge haben würde.
Am 5. Mai 1916 kam die Antwort von der Passierscheingruppe des 5. Armee-
kommandos, dass dem Ansuchen derzeit keine Folge gegeben werden könne.
Dies wurde mittels einfachem Stempelvordruck lapidar mitgeteilt.213
Die Auswirkungen der Spanischen Grippe, die bereits im Spätsommer 1918
vereinzelt in der Steiermark auftrat, auf die Studierendenzahlen an der Tech-
nischen Hochschule in Graz hielten sich in sehr überschaubaren Grenzen. Ein
einziger Fall ist ganz sicher dokumentiert. Aus Marburg langte am 21. Oktober
1918 ein Schreiben des Herrn Gruber im Rektorat ein, dem zufolge sein Sohn
Herbert, ordentlicher Hörer der chemisch-technischen Fachschule, 1. Jahrgang,
am 11. ds. an spanischer Grippe erkrankte und noch an Bronchitis leidet, da-
her er den Vorlesungen nicht beiwohnen konnte und zur Herstellung seiner
Gesundheit nach Marburg zurückkommen musste. Herr Gruber ersuchte, das
Fernbleiben seines Sohnes zu entschuldigen.214 Herbert Gruber genas, legte im
Juli 1922 die Zweite Staatsprüfung aus dem chemisch-technischen Fach an der
Technischen Hochschule in Graz ab und verließ diese als Diplomingenieur. 215
Das k. k. Landesgericht Laibach verständigte das Rektorat der Technischen
Hochschule am 19. August 1915 darüber, dass der Hörer Viktor Fettich-Frank-
heim, geboren am 12. November 1897 in Laibach und dorthin zuständig, am
24. Dezember 1914 vom dortigen Gericht wegen des Vergehens gegen die
Die Spanische Grippe
und ihre Auswirkungen
Ein „Hochverräter“ unter den
Studenten der Technischen
Hochschule in Graz
212 ATUG, Rektoratsakte 367 ex 1916, Schreiben vom 30. 4. 1916.
213 ATUG, Rektoratsakte 387 ex 1916, Schreiben vom 2. 5. und vom 5. 5. 1916.
214 ATUG, Rektoratsakte 1515 ex 1918, Schreiben vom 21. 10. 1918.
215 Grazer Tagblatt, Nr. 499/1922, 25. 7., S. 2.
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Title
- „ In diesen schweren Tagen“
- Subtitle
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Author
- Bernhard Reismann
- Editor
- Technische Universität Graz
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Size
- 20.0 x 25.0 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Categories
- Geschichte Nach 1918