Page - 117 - in „ In diesen schweren Tagen“ - Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
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Diese ungleiche Behandlung der deutschen und tschechischen Hochschulen
ist als eine unerhörte Schädigung der ersteren nicht nur während der Kriegs-
dauer, sondern auch darüber hinaus zu betrachten, es ist eine förmliche Aus-
rottung der Deutschen zugunsten der Tschechen, die sich in der Folgezeit
schwer rächen wird; denn nach Beendigung des Krieges wird sich ein großer
Mangel von an deutschen Hochschulen herangebildeten Akademikern geltend
machen und werden die vielen durch Tod und Krankheit frei gewordenen Stel-
len im Staats- und Privatdienste durch die geschonten und in ihren Studien
nicht gestörten zahlreichen Tschechen förmlich überflutet werden.
Was dies für das Deutschtum und - man kann nach den in diesem Kriege
gemachten Erfahrungen gewiß mit vollstem Rechte sagen - auch für den ös-
terreichischen Staat zu bedeuten hat, braucht wohl des Weiteren nicht ausein-
andergesetzt zu werden.
Das Grazer Professorenkollegium verfasste daher über Antrag Professor
Emil Teischingers eine Stellungnahme, die an alle deutschen Technischen
Hochschulen sowie die Montanistische Hochschule in Leoben und die Hoch-
schule für Bodenkultur in Wien erging, und in der gefordert wurde, dass an
den deutschen Technischen Hochschulen nicht höhere Prozentsätze an Stu-
dierenden zum Kriegsdienst herangezogen würden als an den tschechischen.
Die über die dortigen Prozentsätze hinausgehende Anzahl von Studierenden
sei ehetunlichst zur Fortsetzung ihrer Studien zu beurlauben.222
Mit Ende des Studienjahres 1915/1916 wurde vom Ministerium für Kultus
und Unterricht ein Verzeichnis der inskribiert gewesenen ordentlichen Hörer
an der Technischen Hochschule in Graz angefordert, das erhalten blieb und
durchaus spannende Zahlen und Verhältnisse widerspiegelt. Nach Nationa-
lität wurden von den damals 80 Studierenden 42 als „deutsch“ bezeichnet,
16 als slowenisch, neun als italienisch - sie stammten ohne Ausnahme aus
dem Küstenland. Sechs Studierende stammten aus Kroatien und Bosnien, vier
aus Polen beziehungsweise Galizien, drei wurden als Serben bezeichnet und
stammten aus Kroatien oder Dalmatien, zwei stammten aus Bulgarien und ei-
ner aus Ungarn.
Von den genannten Studierenden waren weiters 44 zum Militärdienst un-
tauglich, zehn noch nicht stellungspflichtig und zwölf rückten während des
Studienjahres zum Militärdienst ein. Dauernd vom Militärdienst beurlaubt
waren fünf.223
Aufgeteilt auf die Fachschulen waren 30 Hörer an der Bauingenieurschule,
einer an der Hochbauschule, 33 an der Maschinenbauschule und fünf an der
Chemisch-technischen Schule zu verzeichnen. Den Geodätischen Kurs be-
suchten drei ordentliche und acht außerordentliche Hörer.224
222 ATUG, Rektoratsakte 1117 ex 1915, Schreiben des Rektorats vom 9.12.1915.
223 ATUG, Rektoratsakte 683 ex 1916, Liste vom 8. 8. 1916.
224 ATUG, Rektoratsakte 1000 ex 1916, Schreiben des Rektorats vom 15. 11. 1916.
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Title
- „ In diesen schweren Tagen“
- Subtitle
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Author
- Bernhard Reismann
- Editor
- Technische Universität Graz
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Size
- 20.0 x 25.0 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Categories
- Geschichte Nach 1918