Page - 173 - in „ In diesen schweren Tagen“ - Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
Image of the Page - 173 -
Text of the Page - 173 -
173
Diese erste große Einquartierung dauerte bis Mitte September 1915. Am 28.
August 1915 teilte das Militärkommando Graz dem Stadtrat mit, dass man die-
sem unter anderem die k. k. Technische Hochschule wieder „zur Verfügung
stelle“. Dem Rektorat wurde dieses Schreiben zur Kenntnisnahme natürlich
ebenso mitgeteilt.294
Am 23. Dezember 1915 berichtete der neue Rektor Adolf Klingatsch an die
Statthalterei in diesem Zusammenhang zusammenfassend noch einmal, dass
der Unterricht während dieser Einquartierung empfindlich gestört worden
war, da eine Trennung des Hochschulbetriebes vom Militärbetrieb praktisch
de facto einfach nicht durchführbar war. Professoren und Studierende muss-
ten sich unter anderem durch die in den Gängen angesammelten Soldaten und
wie es im Vorjahr der Fall war auch durch in den Gängen ausgebreitete Stroh-
säcke hindurchwinden.
Das Professorenkollegium fasste daher am 11. Dezember 1915 den Be-
schluss, dahin zu wirken, dass die Hochschule von Einquartierungen künftig
freizuhalten wäre so lange die Gemeinde über andere Schullokalitäten ver-
fügt. Die inzwischen durchgeführten Reinigungs- und Wiederherstellungsar-
beiten am Hochschulgebäude wären nutzlos gewesen, sollte es neuerlich zu
Einquartierungen kommen.295
In keinen offiziellen Berichten des Rektorats oder der in die Einquartierung
involvierten Behörden werden jedoch die drei sicher dokumentierten Selbst-
morde unter den in der Technischen Hochschule einquartierten Soldaten er-
wähnt. Das blieb den Grazer Zeitungen überlassen. So berichtete zum Beispiel
am 17. Mai 1915 der „Arbeiterwille“, dass sich am Vortag um 8 Uhr abends ein
unbekannter Mann in Zivilkleidung in einem Gang der Technischen Hochschu-
le selbst mit einem Taschenmesser zwei Schnittwunden am Hals zugefügt
und dabei die Luftröhre ganz durchtrennt hatte. Er wurde bewusstlos, in einer
Blutlache liegend, aufgefunden und mittels Krankenwagen in das Allgemeine
Krankenhaus überführt. Die Grazer Mittagszeitung wusste über diesen Fall
weiters zu berichten, dass es sich bei diesem Selbstmörder um einen Land-
sturmmann gehandelt habe, und gab als Ursache für die Tat vermutete „priva-
te Verhältnisse“ an.296
Am 25. Juli 1915 stand im Grazer Volksblatt zu lesen:
Selbstmord. Gestern hat in der Technischen Hochschule ein Landsturmmann
sich durch Durchschneiden der Kehle eine schwere Verwundung beigebracht.
Er wurde mit dem Rettungsauto in das Landeskrankenhaus überführt, wo er
alsbald infolge des starken Blutverlustes starb. Der Selbstmörder ist angeblich
Kaufmann in Krieglach und soll Deutsch heißen. Er ist nach erhaltenen Mittei-
lungen bereits wegen seines Geisteszustandes in Beobachtung gewesen.297
294 ATUG, Rektoratsakte 794 ex 1915, Schreiben des Militärkommandos Graz vom 28. 8. 1915.
295 ATUG, Rektoratsakte 116 ex 1915, Schreiben vom 23. 12. 1915.
296 Der Arbeiterwille, Nr. 136/1915, 17.5., S. 4, Grazer Mittagszeitung, 17. 5. 1915, S. 3.
297 Grazer Volksblatt, Nr. 506/1915, 25. 7., S. 6.
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Title
- „ In diesen schweren Tagen“
- Subtitle
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Author
- Bernhard Reismann
- Editor
- Technische Universität Graz
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Size
- 20.0 x 25.0 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Categories
- Geschichte Nach 1918