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240 Bernhard Wetzler war im Wirtschaftsleben der Monarchie kein Unbekann-
ter. Geboren 1839 in Meclov nahe Eger in Mähren, betrieb er dort zunächst
einen gut florierenden Heuhandel, der ihm in kurzer Zeit ein großes Vermö-
gen einbrachte. Im Jahr 1902 gründete Wetzler gemeinsam mit Familie Eisler
und finanzieller Unterstützung der „Anglobank“ die Militärkonservenfabrik in
Bruck-Kiralyhyda (Bruckneudorf) und Inzersdorf. Der Anglobank blieb er auch
weiterhin engstens verbunden und wurde schließlich sogar deren Präsident.
Er investierte sein Vermögen unter anderem gewinnbringend in Zuckerfabri-
ken, eine Chemische Fabrik in Wien-Erlaa und ein Stahlwerk in Traisen. 1910
ins Herrenhaus berufen, war Wetzler ein äußerst sozial engagierter Mensch,
unterstützte die Armen Wiens und tätigte großzügige Stiftungen. Auch rund
um das Zustandekommen des Technischen Museums in Wien erwarb er sich
große Verdienste. Andererseits bezeichnete ihn die steirische sozialdemokra-
tische Presse unverblümt als Kriegsgewinnler und „Hausjuden“ der Heeres-
verwaltung im Herrenhaus, der deshalb der konservativen Partei beigetreten
sei, weil er eine Konservenfabrik betreibe. Der Vorwurf des Kriegsgewinnlers
wurde später dadurch weiter genährt, dass er im Frühjahr 1917 gemeinsam
mit den Škodawerken eine neue Pulverfabrik begründete. Bernhard Wetzler
verstarb am 10. Mai 1922, sein Vermögen wurde 1926 auf 50 bis 60 Millionen
Goldkronen geschätzt.426
Auch andere Privatpersonen beteiligten sich an der Auffüllung des Hilfswerks-
Fonds. So bedachte der am 6. Juni 1917 in Graz verstorbene Ing. Franz Schönauer,
geboren 1850, der seit 1872 an der Technischen Hochschule studiert hatte und
Grazer Stadtbaumeister gewesen war, unter anderem die Freitischstiftung der
Hochschule testamentarisch mit 5.000 Kronen in Rentenscheinen und das Aka-
demische Hilfswerk der Technischen Hochschule mit 2.000 Kronen in bar.427 Mit
8. November 1917 hatte sich der gesamte gesammelte Betrag des Hilfswerkes
schließlich bereits auf 61.274 Kronen 36 Heller erhöht.428
Noch bis in den Sommer 1918 trafen teils namhafte Beiträge für das Aka-
demische Hilfswerk ein. So spendete der Verein Südmark in Graz Anfang Juli
1918 nicht weniger als 5.000 Kronen.429 Es wäre allerdings nicht die Südmark
gewesen, wenn sie ihre Spende nicht an die Bedingungen geknüpft hätte,
dass dieselbe nur für deutsch-arische Hörer der Technischen Hochschule in
Graz verwendet werde, wobei sich die Hauptleitung des Vereines Südmark das
Vorschlagsrecht hinsichtlich der zu Beteiligenden vorbehält.
Rektor Franz Drobny legte ein diesbezügliches Schreiben am 2. August
1918 dem Professorenkollegium vor und merke dazu handschriftlich an: Über
das Vorschlagsrecht ist zu verhandeln.430
426 Illustrierte Kronen-Zeitung, Nr. 8024/1922, 11. 5., S. 4, Der Arbeiterwille, Nr. 110/1910, 23. 4.,
S. 2; Nr. 93/1917, 6. 4., S. 4, Wiener Sonn- und Montagszeitung, Nr. 30/1926, 26. 7., S. 5 f.
427 ATUG, Rektoratsakten 636 und 637 ex 1917, Schreiben des k. k. Bezirksgerichtes Graz vom
10. 7. 1917 und Studienblatt Franz Schönauer.
428 ATUG, Protokolle des Professorenkollegiums, Sitzungen vom 8. 3. 1917, 24. 5. 1917
und 8. 11. 1917.
429 ATUG, Rektoratsakte 949 ex 1918, Schreiben vom 3. 7. 1918.
430 ATUG, Rektoratsakte 996 ex 1918, Schreiben der Südmark vom 9. 7. 1918.
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Title
- „ In diesen schweren Tagen“
- Subtitle
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Author
- Bernhard Reismann
- Editor
- Technische Universität Graz
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Size
- 20.0 x 25.0 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Categories
- Geschichte Nach 1918