Page - 256 - in „ In diesen schweren Tagen“ - Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
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256 Am 20. August 1914, wenige Wochen nach Kriegsbeginn, erging ein Schreiben
des Dr. Wilhelm Maschke von der Akademischen Anmelde- und Auskunftstel-
le für freiwillige Kriegsdienstleitung in Wien an das Rektorat der Technischen
Hochschule in Graz, in dem er ersuchte, den bereits publizierten Aufruf zur
Gründung einer Akademischen Legion zur Kenntnis zu nehmen und diese Be-
strebungen unter den Hörern nach Kräften zu fördern. Diese Legion war in Er-
innerung an die Revolution des Jahres 1848 von den Wiener Burschenschaften
organisiert worden. Der beiliegende Aufruf wurde am 22. August am Schwar-
zen Brett der Technischen Hochschule in Graz kundgemacht.458
Die Mitglieder dieser Akademischen Legion wurden allerdings im Endeffekt
nicht, wie von ihnen erhofft, gemeinsam mit deutschen Kommilitonen an der
Front eingesetzt, sondern vielmehr dazu aufgefordert, sich freiwillig zu Hilfs-
diensten in der Heimat zu melden.459
Dieser Aufruf war prinzipiell an jene Studierenden gerichtet worden, die
nicht sofort zu den Waffen gerufen worden waren, und das war die Minder-
zahl. Von den rund 600 für den Kriegsdienst theoretisch in Frage kommenden
Grazer Technikern waren etwa zwei Drittel während der ersten Kriegsmonate
bereits eingezogen worden, und mit Jahresende 1914 standen daher bereits
rund 400 Studenten der Grazer Technik im Feld. Von diesen hatten - soweit
dies dem Rektorat inzwischen bekannt geworden war - 13 inzwischen den
Tod gefunden. Über die Zahl der Verwundeten stehen dem unterzeichneten
Rektorate Angaben nicht zur Verfügung wurde dem Prager Tagblatt auf eine
diesbezügliche Anfrage mitgeteilt.460
Der Kriegseinsatz brachte auch für die Studierenden der Technischen Hoch-
schule in Graz mehrfache Veränderungen mit sich, auf die sie sich einzustel-
len hatten. An der Front stehenden Stipendienbeziehern war es zum Beispiel
möglich, diese Unterstützung weiterhin zu beziehen, sofern sie das Rektorat
schriftlich darum ersuchten, den Fortbezug bei der zuständigen Stiftungs-
behörde zu erwirken. Genau das teilte das Grazer Rektorat zum Beispiel dem
Stationsvorsteher der k. k. österreichischen Staatsbahnen im dalmatinischen
Knin, Salvator Buttoraz mit, der am 9. Februar 1915 darum ersucht hatte, ihm
das Stipendium seines Sohnes Otmar zukommen zu lassen. Derselbe hat be-
reits die Offizierschule besucht und wird demnächst als Fähnrich ernannt. In
Sinj 461 dürfte er noch kurze Zeit verbleiben und wird daher mit dem demnächst
von dort abgehenden Transport von 5.000 Mann zur Front marschieren.
Studenten der Grazer
Technik im Kriegseinsatz
458 ATUG, Rektoratsakte 1194 ex 1914, Schreiben vom 20. 8. 1914.
459 Juliane MIKOLETZKY: „An der Seite der Heerführer steht der Ingenieur“. Hochschulen, Technik
und Krieg 1914 - 1918 am Beispiel der Technischen Hochschule in Wien. In: Wirtschaft, Technik
und das Militär 1914 - 1918. Österreich-Ungarn im Ersten Weltkrieg. Herausgegeben von
Herbert Matis, Juliane Mikoletzky und Wolfgang Reiter (= Austria: Forschung und Wissenschaft,
Geschichte, Band 11), Wien 2014, S. 352.
460 ATUG, Rektoratsakte 1654 ex 1914, Konzept eines Schreibens vom 11. 2. 1915.
461 Sinj in Kroatien war Garnisonsstadt. 1914 lag dort unter anderem das I. Bataillon des
dalmatinischen Infanterieregiments Nr. 6 Carl I. König von Rumänien. Otmar Buttoraz diente
beim Infanterieregiment Nr. 22 „Graf von Lacy“ im I. Bataillon, 2. Ersatzkompanie, beendete
seine Studien nach dem Krieg und betrieb seit 1928 eine Baufirma in Wien. Zum Vergleich:
Wiener Zeitung, Nr. 72/1930, 27. 3., Amtsblatt, S. 30 und ATUG, Rektoratsakte 175 ex 1915,
Schreiben vom 3. 3. 1915.
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Title
- „ In diesen schweren Tagen“
- Subtitle
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Author
- Bernhard Reismann
- Editor
- Technische Universität Graz
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Size
- 20.0 x 25.0 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Categories
- Geschichte Nach 1918