Page - 303 - in „ In diesen schweren Tagen“ - Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
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Die Reaktion der Menschen auf der Straße auf diesen Alarm war zweigeteilt.
Viele Menschen, besonders jene, die sich in Begleitung von Kindern befan-
den, versuchten auf raschestem Weg nach Hause zu kommen, manche waren
stark beunruhigt, viele aber blieben einfach auf den vom Vollmond beleuchte-
ten Straßen stehen und bildeten größere Gruppen, um das erwartete Schau-
spiel in den Lüften zu beobachten und gegebenenfalls auch gleich direkt zu
kommentieren. Zum Glück geschah an diesem Abend nichts, auch wenn bald
Gerüchte über ein abgeschossenes feindliches Flugzeug am Schönaugürtel
in der gesamten Stadt die Runde machten. Der Grazer Stadtrat nahm diesen
Vorfall jedenfalls zum Anlasse, am 11. September 1917 erneut eine Kundma-
chung über das richtige Verhalten bei Fliegergefahr zu veröffentlichen.582
Die Angst vor einem feindlichen Fliegerangriff nahm im Laufe des Frühlings
1918 weiter zu, und so informierte der Grazer Stadtrat neben zahlreichen an-
deren öffentlichen Stellen am 26. Juli 1918 auch das Rektorat der Technischen
Hochschule darüber, wie man sich im Falle eines feindlichen Fliegerangriffs zu
verhalten habe. Ursache dafür waren jene Wahrnehmungen gewesen, die man
anlässlich eines erneuten Fliegeralarms am 25. Juni 1918 in Graz gemacht hat-
te. Der Stadtrat teilte nun unter anderem mit, dass das Nahen feindlicher Flie-
ger durch die Abgabe von je zehn aufeinanderfolgenden Kanonenschüssen
nach vier verschiedenen Richtungen vom Schloßberg und die Inbetriebnahme
von Fabriks-Dampfpfeifen sowie durch das Hornsignal „Retraite“ in allen Ka-
sernen angekündigt werde, während das Verschwinden der feindliche Flieger
durch Glockengeläute und das Hornsignal „Tagwache“ in allen Kasernen gege-
ben wurde. Dazu folgten noch drei Seiten mit Ratschlägen und Anordnungen.
Auf die Räumlichkeiten der Technischen Hochschule hatten diese Anord-
nungen die Auswirkung, dass mit Genehmigung der steiermärkischen Statt-
halterei vom 22. Juni 1918 die Eingangshallen und Ebnenerdgänge des Hoch-
schulgebäudes, wie übrigens auch jene der Universität, der Alten Universität,
des Joanneums, des Landhauses und mehrerer weiterer öffentlicher Gebäu-
de im Stadtgebiet als Zufluchtsstätte bei Fliegergefahr ausersehen wurden.
Dazu waren an der Technischen Hochschule folgende Maßregeln zu treffen:
Am Haustor soll eine entsprechende Aufschriftstafel auf Gemeindekosten an-
gebracht werden.
Es ergeht hiemit das Ersuchen, die Anbringung dieser Tafel gestatten und
die für dieses Haus bestimmte Aufsichtsperson (Inspektor, Torwart, Haus-
meister) anweisen zu wollen, im Falle eines nach Torsperre signalisierten Flie-
geralarms sofort nach Ertönen des Signals „Fliegerangriff“ (Kanonenschüsse
vom Schloßberg) das Haustor aufzusperren, die Hausflur innen zu erhellen und
Schutzsuchenden in der Einfahrt, solange der Fassungsraum reicht, Eintritt zu
582 Bernhard A. REISMANN: Schicksalstage der Steiermark, Graz 2014, S. 149.
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Title
- „ In diesen schweren Tagen“
- Subtitle
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Author
- Bernhard Reismann
- Editor
- Technische Universität Graz
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Size
- 20.0 x 25.0 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Categories
- Geschichte Nach 1918