Page - 321 - in „ In diesen schweren Tagen“ - Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
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rungsmannschaft waren unter anderem die Aufrechterhaltung der Ordnung in
sämtlichen Bahnhofanlagen sowie die Bewachung der Objekte, der dort vor-
handenen Lebensmittel und schließlich die Visitierung der durchkommenden
Transporte.615
Relativ rasch gelang es dem Militärkommando Graz in der Folge, diese Si-
cherungsarbeiten selbst durchzuführen. Am 20. November 1918 erhielt der
Studentenausschuss von diesem folgendes Schreiben:
Die deutsche Studentenschaft von Graz hat vom 2. d. M. bis zum heutigen Tage
den Sicherungsdienst auf dem Bahnhofe in aufopferungsvoller Weise freiwillig
versehen. Ihrem spontanen Eingreifen in den ersten Tagen der Auflösung der
Ordnung, ihrer Hingebung und Disziplin ist es zu danken, daß Zucht und Ruhe
auf diesem wichtigen Mittelpunkt des militärischen und bürgerlichen Verkeh-
res wieder hergestellt, Land und Stadt von Raub und Plünderungen bewahrt
wurden. Für diese vorbildliche vaterländische Leistung spricht das Militärkom-
mando der deutschen Grazer Studentenschaft, die in diesen schweren Tagen
sich der hohen Tradition ihrer Geschichte wahrhaft würdig erwies, den wärms-
ten Dank aus. Reisinger, Generalmajor, Militärkommandant.616
Generalmajor Josef Reisinger war von den beiden Militärbevollmächtigten
des steirischen Wohlfahrtsausschusses, den Abgeordneten Resel und Ein-
spinner, am 4. November 1918 an Stelle des strikt kaisertreuen Generals der
Infanterie, Karl Freiherrn von Lukas eingesetzt worden, nachdem dieser von
Resel und Einspinner einfach verhaftet worden war.617
Die Studentenschaft übergab den Bahnsicherungsdienst am 20. November
1918 dem Gendarmeriekommando Steiermark. Damit war die Tätigkeit der
Studentenschaft aber noch nicht beendet. In der Folge bestritt sie im Dauer-
dienst unter dem Kommando des Hauptmanns Ing. Oberegger mit drei Kompa-
nien in der Stärke von insgesamt 350 Mann mit je einem Maschinengewehrzug
den Bereitschaftsdienst an der Universität, der Technischen Hochschule und
im Grazer Landeskrankenhaus. Die Kompanie an der Universität stand unter
dem Kommando des Oberleutnants Dr. Martin sowie des Leutnants cand.
med. Reichel, jene im Landeskrankenhaus wurde von Leutnant cand. med. Vo-
gel kommandiert und jene an der Technischen Hochschule vom bereits mehr-
fach genannten Oberleutnant Techniker Url. Es mag nicht verwundern, dass
dieselben handelnden Personen sich Anfang Mai 1919 dazu aufmachten, aktiv
in den Kärntner Abwehrkampf einzugreifen.619
Die Deutsch Studentenschaft selbst, die schon zum Zeitpunkt ihrer Gründung
seitens der Professoren mehr oder weniger als einzige legitime Vertretung der
Studierenden anerkannt wurde, betrachtete sich als Organ der studentischen
615 ATUG, Rektoratsakte 1617 ex 1918, Mitteilung vom 8. 11. 1918.
616 Grazer Tagblatt, Nr. 323/1918, 24. 11., S. 2.
617 Martin MOLL: Die Steiermark im Ersten Weltkrieg. Der Kampf des Hinterlandes ums Überleben
1914 - 1918 (= Veröffentlichungen der Historischen Landeskommission für Steiermark, Band 43),
Graz 2014, S. 166.
618 Grazer Tagblatt, Nr. 323/1918, 24. 11., S. 2.
619 Bernhard A. REISMANN: Die Technische Hochschule in Graz, der Kärntner Abwehrkampf des
Jahres 1919 und die Abstimmung 1920, Typoskript, Kumberg 2018 (in Druck befindlich).
„ In diesen schweren Tagen“
Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Title
- „ In diesen schweren Tagen“
- Subtitle
- Die Technische Hochschule Graz im Ersten Weltkrieg
- Author
- Bernhard Reismann
- Editor
- Technische Universität Graz
- Publisher
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Location
- Graz
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-627-7
- Size
- 20.0 x 25.0 cm
- Pages
- 334
- Keywords
- Forschungseinrichtung, Universität, Bildung, Krieg, Forschung, TU Graz
- Categories
- Geschichte Nach 1918