Page - 13 - in Österreichs Staatsidee
Image of the Page - 13 -
Text of the Page - 13 -
stellen. Die Fortschritte in der Mechanik und Chemie verschaffen dem
menschlichen Geiste einen immer glänzenderen und erfolgreicheren
Sieg über die Natur. Die Eisenbahnen und Telegraphe, die die
natürlichen Naumhindernisse auf eine fast wunderbare Art be-
seitigen, rücken alle Nationen, alle Regierungen, all« hervorragen-
den Geister der gefammten gebildeten Welt näher an einander und
erleichtern ihren Verlehr, als wären sie' fast alle beisammen, so
daß die Gebildeten des gesammten Erdkreises fast schon nur ein
einziges großes Publikum bilden, und die an einem Ende
geäußerten Gefühle und Gedanken wie ein Blitz die verschieden-
artigsten Länder durchstiegen und augenblicklich Zustimmung und
Sympathie oder aber Widerspruch bei allen Nationen und allen
Klassen erfahren. Es ist dies die Manifestation jener großen
Centralisation der Welt, von der ich bereits öfters Gelegenheit
gehabt habe, mich öffentlich zu äußern. Jener unendliche Geist
jedoch, der der Welt ewige Gesetze vorschrieb, nahm unter die-
selben auch das Gefetz der Polarität auf, damit in ihr das Gleich-
gewicht gewahrt und sie durch einseitige Richtungen nicht aus den
vorgeschriebenen Bahnen gerückt werde. Je mehr sich daher das
Verwandte anzieht, desto mehr wird das Fremdartige abgestoßen;
je mehr sich die Nationen berühren, desto mehr sehen, fühlen und
nehmen sie ihre natürlichen Unterschiebe wahr, und je müchüger
einerseits die Anziehungskraft wirkt, um so energischer entwickelt
sich auf der anderen Seite der Widerstand gegen dieselbe. Man
darf offen behaupten, daß die Uniformität des Weltalls nie Gottes
Gebot war noch es je werden wirb. Daher hat denn auch das
Nationalitütenprincip seine ewige Aufgabe in der Oelonomie der
Welt und all das menschliche Grollen und Streiten gegen dasselbe
gleicht nur einem Blasen gegen den Windstrom: hie und da
bläst es winzige Brocken hinweg, aber gegen größere Massen
bleibt es stets und immer ohnmächtig. Zudem ist dieses Princip
erst in den Anfängen seines mächtigen Wirkens und seine endliche
Tragweite kann kein sterbliches Auge bemessen.
Es ist leine müssige Frage, ob der Nationalität im oben er-
wähnten Sinne (insofern es nämlich einen Unterschied giebt
zwischen Nation und Staat) eine wirkliche Realität zukömmt.
back to the
book Österreichs Staatsidee"
Österreichs Staatsidee
- Title
- Österreichs Staatsidee
- Author
- Franz Palacký
- Publisher
- I. L. Kober Verlag
- Location
- Prag
- Date
- 1866
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 14.7 x 21.5 cm
- Pages
- 110
- Categories
- Geschichte Vor 1918