Page - 62 - in Österreichs Staatsidee
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Schul- und Gerichtswesen usw. zu belassen, so thut dasselbe auch
in den übrigen Ländern, wodurch ihr auch einen, jwar nicht in
meinen, aber in den Augen vieler anderer Leute bedeutenden Lor-
chel! erlangen werdet, nämlich die größtmögliche Einförmigkeit im
Organismus aller österreichischen Länder. Ich verwahre mich in
vorhinein gegen alle hämischen Spötter, die meinen Worten auch
den Sinn unterlegen werden, als wollte ich mit dem Anpreisen
der altungarischen Institutionen auch vielleicht die Einführung des
Oorpus jurig bunzariei befürworten; jeder ehrliche Leser wird zu-
geben, daß, wie ich den Ungarn wünsche und rathe, mit Beibehal«
tung des ererbten politischen 8wtu3 yuo an dessen Verbesserung,
soweit eS der Geist des modernen Fortschrittes verlangt, thunllchst
zu arbeiten, ich eben so auch anderen Völkern wünschen möchte,
daß sie auf Grundlage ihrer jetzigen und künftigen Bedürfnisse so-
wohl ihre innere politische Verwaltung, als ihr Schul- und Ge-
richtswesen usf. selbst (natürlich immer mit ihrem Herrscher gemein-
schaftlich) leiten und besorgen möchten.
Ich sehe es unzweifelhaft voraus, daß sich aus gewissen Krei-
sen Stimmen gegen meinen Antrag erheben werden: „Bereiten uns
nicht schon die Ungarn Schwierigkeiten genug, wollt ihr etwa, wir
sollen ihrer noch mehr und in allen Ländern provociren?" Dar-
auf läßt sich denn leicht und kurz antworten: „Wenn das, was
man für Ungarn vorschlügt, in sich selbst ungerecht, schädlich und
verderblich ist, so darf es weder den Ungarn, noch irgend Jeman-
dem bewilligt werden; ist es aber gerecht und für dies Reich nicht
gefährlich, mit welchem Rechte könnet ihr es den übrigen Völkern
abschlagen? Oder wollt ihr etwa die Gerechtigkeit nicht?"
Das Beispiel, welches ich aufgeführt habe, wird auch zur
Erkenntniß führen können, daß alle Landesregierungen und Par-
lamente in Österreich, die dieselben Verfasfungsrechte und dasselbe
Maaß von Antonomie für sich in Anspruch nehmen, zugleich in
den Stand gefetzt werden müßten, ebenso wie Ungarn sich selbst
genügen zu können. Allzu kleine Länder können aber in Betreff
des Schul- und Iustizwesens nicht für sich allein stehen; es wer-
den immer einige zusammentreten müssen, damit sie die nlthigen
Schulen, nicht nur z. B. die Universität allein, sondern auch so-
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book Österreichs Staatsidee"
Österreichs Staatsidee
- Title
- Österreichs Staatsidee
- Author
- Franz Palacký
- Publisher
- I. L. Kober Verlag
- Location
- Prag
- Date
- 1866
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 14.7 x 21.5 cm
- Pages
- 110
- Categories
- Geschichte Vor 1918