Page - 69 - in Österreichs Staatsidee
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es
»«glich vercheilt werdm. In dieser Beziehung scheint die ange-
messenste Theilung die zu fein, daß alle indirecten Steuern und
Abgaben von der RtichSregierung erhoben werden, die directon
Steuern jedoch in die Competenz der Landesregierung fallen; es
versteht sich, daß, wofern die Reichseinnahmen nicht hinreichen
würden, die Landescassen nach einer Quote beisteuern müßten, die
unter den Ländern selbst, im Verhältnis zu ihrer natürlichen
Größe und Leistungsfähigkeit, durch gemeinschaftliches Überein-
kommen auf eine gewisse Reihe von Jahren voraus bestimmt
werden tonnte. Wäre einmal das föderalistische Princip durch-
geführt und erstarkt, so würbe ihm keineswegs zu Schaden gerei-
chen und könnte auch die Einheit in der Legislation der Landes«
angelegenheiten fördern, wenn nach § 3 des Octoberdiploms gleiche
Gesetzentwürfe für die einzelnen Landtage vorbereitet und, natür-
lich ohne allen Zwang, ihnen unterbreitet würden, die sie dann je
nach den localen Bedürfnissen modificiren könnten. Ich glaube,
daß man diese Concession dem centralistischen Systeme besonders
in solchen Angelegenheiten machen könnte, die die sogenannten
Grundrechte und das Iustizwesen angehen.
Lächerlich ist in meinen Augen der Vorwurf, den man dem
Föderalismus daraus macht, daß er die Schwerpunkte des Reiches
mehre. Die moderne Geschichte Frankreichs und der Stadt Paris
lehrt hinreichend, wie gefährlich ein Schwerpunkt allein nicht nur
für die Dynastie, sondern auch für die Freiheit der Völker selbst
werden kann; zudem braucht man nicht erst in der Physik zu ler-
nen, daß Körper, die nur zwei Schwerpunkte haben, keine so
sichere Lage haben, als diejenigen, die ihrer drei oder vier oder
noch mehre zählen — Iederman weiß es ja selbst aus eigener
Erfahrung. Wenigstens wird man einen föderalistischen Orga-
nismus nicht so leicht erschüttern oder gar vernichten können, wie
es mit einem anderen der Fall ist.
Das wichtigste Merkmal jedoch und Verdienst des Födera-
lismus ist, daß er allein befähigt ist, dem Grundsatze: „Gleiches
Recht für Alle" vollständige Geltung zu verschaffen, einem Grund-
satze, der nicht nur die edelste Frucht der geeinigten modernen und
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book Österreichs Staatsidee"
Österreichs Staatsidee
- Title
- Österreichs Staatsidee
- Author
- Franz Palacký
- Publisher
- I. L. Kober Verlag
- Location
- Prag
- Date
- 1866
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 14.7 x 21.5 cm
- Pages
- 110
- Categories
- Geschichte Vor 1918