Page - 76 - in Österreichs Staatsidee
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liegen! Und so spricht eines der ersten Organe der öffentlichen
Meinung im Herzen Österreichs, in Wien! Ein solches Wort
würde ich für eine Beleidigung der Majestät des Reiches halten;
und ich kann mir es nicht anders erklären, als daß denjenigen,
die also denken und reden, an der Herrfchaft der deutschen Natio-
nalität mehr gelegen ist als an der Dauer Öfterreich'S als einer
Großmacht. Uns Slaven ist an der Herrschaft in Deutschland
oder Italien nicht das Geringste gelegen und wir glauben, daß
Öfterreich, wenn es durch weise und freie Institutionen die Zu«
friedeuheit aller seiner Völker sicher gewonnen haben und sich au-
gelegen fein lassen wird, daß wir alle auf den Namen Österreich
mit Recht stolz werden können, nie Ursache haben wird, sich vor
irgend einer Macht auf der Welt zu fürchten. Wem aber die Ber-
einigung der österreichischen Länder und Böller «it dem deutschen
Reiche von jeher mehr Nutzen gebracht, ob uns oder dem Reiche
selbst, davon giebt die Geschichte hinreichendes und beredtes Zeug-
nis. Auch in unseren Tagen sieht es ein jedes Lind ew, wie zahl-
reich die materiellen Opfer sind, die wir der politischen Verbindung
mit den deutschen Staaten bringen müssen, wogegen die Bortheile,
die sich aus diesem Verhältnisse für uns ergeben sollen, meisten-
teils diplomaüsche Geheimnisse bleiben. Soll aber das nationale
Gefühl des Pangermanismus fo berechtigt und heilig sein, mit
welchem Rechte werden wir das panflavistische und panitalische
Gefühl verdammen können? wenn die Deutschen über alle staat-
lichen Bertrüge zu ihren auswärtigen StammeHgenoffeu sich hin-
neigen und ihnen anschmiegen können, wie wird mau dasselbe den
Slaven und Italiänern zum Verbrechen anrechnen dürfen? Die
Magyaren bleiben wohl immer unschuldig, da sie freilich kewen
Grund haben, nach ihren uraltfchen Verwandten sich zu sehnen.
Iu der letzten Zelt ist es bei Deutschen und Magyaren Sitte
geworden, »Panslaviften" oder wie man in Ungarn mit der Llo-
ganz eines Betyars zu sagen vorzieht „Panslaven" — alle selbst-
bewußten Slaven zu benennen, die ihre Nationalität nicht vn>
läugnen wollen. Und in der That, wird man für Panslavismns
jedes nationale Gefühl, jedes natürliche Streben des Glaven aus-
geben und Pauslavist oder Panslave jeder Slave sein, der sich
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book Österreichs Staatsidee"
Österreichs Staatsidee
- Title
- Österreichs Staatsidee
- Author
- Franz Palacký
- Publisher
- I. L. Kober Verlag
- Location
- Prag
- Date
- 1866
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 14.7 x 21.5 cm
- Pages
- 110
- Categories
- Geschichte Vor 1918