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Central- oder ReichSreglerung keineswegs in einen allzu engen
oder gar ungenügenden Rahmen fassen wollen. Durch Ministerien,
die man für die genannten Angelegenheiten errichten würde, wäre
die Einheit des Reiches um so hinreichender und dauernder be-
festigt und sichergestellt, als man ja z. B. den Grundsatz ausdrück-
lich aussprechen und fanctioniren könnte, daß nicht nur eine jede
Festung, sondern auch eine jede Kanone, die sich innerhalb der
österreichischen Marken befindet, ausschließlich in den Bereich der
Central oder Reichsgewalt gehöre.
Darnach könnten und sollten nun alle übrigen politischen und
nationalen Angelegenheiten in Öfterreich den Landesregierungen
und Parlamenten oder der Selbstverwaltung der Völker überlassen
werden — natürlich unter der Leitung und unter dem Schütze
jener Executivgewalt, die auch in Reichsangelegenheiten thätig ist
und lediglich dem Regenten zukömmt. Denn in diesem Streite
handelt eS sich uns keineswegs etwa um eine Beschränkung der
Macht und Praerogative der Krone, fondern einzig und allein um
einen angemesseneren und natürlichen Mechanismus ihrer Wirk-
samkeit. Daher weisen wir auch alle die landläufigen Vorwürfe
über unsere vorgebliche Illoyalität, Aufwieglerei und unseren Se-
paratismus uff. wieder dorthin, woher sie gewöhnlich zu kommen
Pflegen, in das Gebiet der Lüge und der Verläumdung.
Wie aber die Landesregierungen in Öfterreich organisirt
werden sollen, daß sie weder unter einander, noch mit der Central-
regierung collidiren, dies ist freilich Sache einer eingehenderen Er-
wägung, als sie im Rahmen eines Zeitungsartikels geboten werden
kann. Da wir uns jetzt in eine folche Auseinanderlegung nicht
einlassen können, fo wollen wir nur fummarisch und im All-
gemeinen unsere Meinung über diese wichtige Angelegenheit andeuten.
Wir machen kein Hehl daraus, daß unsere Wünsche dahin
gehen, es mögen die Ministerien, die für jetzt die HH. Bach,
Schmerling und Thun in Wien inne haben, entweder vollends
aufgehoben oder es möge ihr Wirkungskreis wenigstens fo einge-
fchränkt werben, daß alle ihre gewöhnlichen Functionen durch
besondere Landes- ober Bolksmin is ter ien erlebigt würden.
Jeder größere Complex oder jede, nach Nationalverhältnissen be-
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Österreichs Staatsidee
- Title
- Österreichs Staatsidee
- Author
- Franz Palacký
- Publisher
- I. L. Kober Verlag
- Location
- Prag
- Date
- 1866
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 14.7 x 21.5 cm
- Pages
- 110
- Categories
- Geschichte Vor 1918