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Die Alliierte Kommission
Machtbefugnisse schrittweise von den Oberbefehlshabern an eine interalliier-
te Kontrollkommission übergehen zu lassen.90
Die Frage, welche alliierten Organe die Kontrolle und Verwaltung in ei-
nem zweiten Zeitraum wahrnehmen würden, sollte Gegenstand einer ge-
sonderten Vereinbarung zwischen den drei Regierungen sein.91 Ein am 25.
August 1944 von Molotov an Gusev nach London übermitteltes Memoran-
dum sah die Bildung eines Kontrollrates aus den drei Oberbefehlshabern vor,
um ein koordiniertes Behandeln jener Fragen zu gewährleisten, die für ganz
Deutschland von Bedeutung waren.92
Im September 1944 gelang es, durch Angleichung der Entwürfe die endgülti-
ge Organisationsstruktur festzulegen. Maßgeblich zum schließlich gefundenen
Kompromiss beigetragen hatten die USA, die zwischen dem konföderativen
sowjetischen Modell (zonale Selbstverwaltung mit zentraler alliierter Politikko-
ordination) und dem zentralistischen britischen Modell (alliierte Kontrolle einer
deutschen zonenübergreifenden Verwaltung) den Mittelweg wiesen: einerseits
eine zentrale alliierte Politikentscheidung und andererseits eine zentral koordi-
nierte, aber zonal exekutierte deutsch-alliierte Politikausübung. Am 14. Novem-
ber 1944 wurde die „Vereinbarung über den Kontrollapparat in Deutschland“
von den drei EAC-Delegationen unterzeichnet und zusammen mit dem Zonen-
abkommen bis zur Konferenz von Jalta von den Regierungen gebilligt.93
Hinsichtlich der Festlegung des Kontrollsystems für Österreich erzielte
man hingegen im Herbst 1944 keine Fortschritte. Außenminister Eden regte
im Zuge seines Moskau-Besuches im Oktober 1944 an, das Personal der drei
Alliierten zur Bildung von Kerngruppen der Kontrollapparate in Deutsch-
land und Österreich zusammenzustellen.94 Die Briten hatten bereits im Mai
1944 den Stab der künftigen Militärverwaltung für Österreich, die „Allied
Commission in Austria (British Element)“, vorbereitet. Zugleich hatte die
Gruppe im alliierten Mittelmeerkommando in Italien, die später Besatzungs-
aufgaben in Österreich übernehmen sollte, ein umfassendes „Basic Hand-
book, Austria“ gedruckt, worin auf rund 400 Seiten „alles Wissenswerte“
90 AVP RF, F. 0425, op. 1, p. 5, d. 28, S. 66–71, Entwurf zum Kontrollmechanismus in Deutschland,
8.7.1944. Abgedruckt in: Laufer – Kynin, Die UdSSR und die deutsche Frage, Bd. 1, S. 412–416.
91 AVP RF, F. 07, op. 5, p. 37, d. 24, S. 35–39, Vyšinskij an Molotov, 6.8.1944. Abgedruckt in: Laufer –
Kynin, Die UdSSR und die deutsche Frage, Bd. 1, S. 438–440.
92 AVP RF, F. 0425, op. 1, p. 4, d. 20, S. 43–45, Zur Frage des Kontrollmechanismus der Alliierten in
Deutschland, 25.8.1945. Abgedruckt in: Laufer – Kynin, Die UdSSR und die deutsche Frage, Bd. 1, S.
451–453.
93 Mai, Der alliierte Kontrollrat, S. 26f.
94 United States Department of State (Hg.), Foreign Relations of the United States. 1944, Vol. I, S. 369–
371, Gallman an Stettinius, 26.10.1944; Mueller, Die sowjetische Besatzung in Österreich, S. 31.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Stalins Soldaten in Österreich
- Subtitle
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Author
- Barbara Stelzl-Marx
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 874
- Categories
- Geschichte Nach 1918