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Die Alliierte Kommission
An der Spitze der Alliierten Kommission stand der Alliierte Rat, bestehend
aus den vier je von einer Besatzungsmacht ernannten Militär- bzw. Hoch-
kommissaren (Artikel 2),108 die zugleich die Oberbefehlshaber der jeweiligen
Besatzungstruppen waren. Marschall Ivan Konev wurde als Militärkommis-
sar für die sowjetische Zone, General Mark W. Clark für die amerikanische,
Generalleutnant Richard L. McCreery für die britische und General Marie-
Emile Béthouart für die französische Zone ernannt.109 Der Alliierte Rat, der
mindestens alle zehn Tage zusammentrat,110 nur einstimmige Beschlüsse fas-
sen konnte und dessen Vorsitz monatlich wechselte, übte „für die Fragen, die
Österreich in seiner Gesamtheit betreffen“ (Artikel 5), die oberste politische
Gewalt in Österreich aus.
Dem Alliierten Rat direkt unterstellt war das ebenfalls viergeteilte Exeku-
tiv-Komitee (Artikel 3), das aus je einem Vertreter jedes der vier Kommissa-
re bestand. Sie nahmen, wenn notwendig, an den Sitzungen des Alliierten
Rates teil. Abgesehen von Sondersitzungen nach Vereinbarung tagte dieses
Komitee alle ersten und dritten Freitage des Monats. Das Exekutiv-Komitee
gewährleistete die Durchführung der Beschlüsse des Alliierten Rates und
koordinierte die Tätigkeit der Abteilungen der Alliierten Kommission (Ar-
tikel 6).111
Eigene, aus Offizieren und Fachbeamten bestehende Abteilungen küm-
merten sich um einzelne Sachgebiete wie Inneres, Wirtschaft, Finanzen, Mi-
litär, politische Angelegenheiten, Kriegsgefangene und DPs, Rechtsfragen,
zudem wurde auf sowjetischen Wunsch hin die Abteilung für Reparationen
(Artikel 4) eingerichtet. Die Westmächte hatten schlussendlich der Einrich-
tung Letzterer zugestimmt, obgleich sie damit kein Präjudiz für die tatsächli-
che Einhebung von Reparationen schaffen wollten.112 Die Aufgabe der Abtei-
lungen der Alliierten Kommission bestand darin, für den Alliierten Rat und
das Exekutiv-Komitee Gutachten zu erstellen sowie die Beschlüsse des Alli-
ierten Rates umzusetzen (Artikel 7).
108 Zunächst Militärkommissare, ab 28. Juni 1946 Hochkommissare. Vgl. dazu: Rauchensteiner, Der
Sonderfall, S. 117.
109 Ein Überblick über die alliierten Militär- und Hochkommissare in Österreich, ihre Stellvertreter und
die Stadtkommandanten von Wien 1945–1955 findet sich in: Rauchensteiner, Der Sonderfall, S. 351f.
Siehe dazu auch Tabelle 3 im Anhang dieses Bandes.
110 Nach der ersten offiziellen Sitzung am 11. September 1945 tagte der Alliierte Rat in der Folge zu-
mindest an jedem 10., 20. und 30. des Monats. Ab dem 25. April 1946 tagte der Alliierte Rat alle 2.
und 4. Freitage eines Monats. Vgl. Rauchensteiner, Der Sonderfall, S. 117.
111 Abkommen über die Alliierte Kontrolle in Österreich, 4.7.1945. Abgedruckt in: Verosta, Die inter-
nationale Stellung Österreichs, S. 66–71; Karner – Stelzl-Marx – Tschubarjan, Die Rote Armee in
Österreich, Dok. Nr. 65.
112 Stourzh, Um Einheit und Freiheit, S. 32.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Stalins Soldaten in Österreich
- Subtitle
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Author
- Barbara Stelzl-Marx
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 874
- Categories
- Geschichte Nach 1918