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II. Kriegsende in
Österreich138
der Stavka vom 13. April das Zentrum und der linke Flügel der 3. Ukraini-
schen Front zur Sicherung der Hauptkampflinie in der Steiermark überzuge-
hen, mit Ausnahme des Raumes Fischbach, der „unverzüglich zu besetzen“
war.319
Weshalb die Stavka des Oberkommandos gerade Fischbach als militäri-
sches Operationsziel weiterhin verfolgte, während sie der 3. Ukrainischen
Front generell den Übergang zur Verteidigung und zum Festhalten an den
erreichten Linien befahl, lässt sich nicht mit Sicherheit klären. Auf jeden Fall
zog die Rote Armee keinen nachhaltigen militärischen Nutzen aus ihrem
Vorstoß in diesen Raum. Mitte April 1945 stellte eine deutsche Gegenoffen-
sive die vorherigen militärischen Verhältnisse wieder her. Die Front verlief
bei Kriegsende erneut weitestgehend entlang der burgenländisch-steirischen
Grenze.320
Zu Kriegsende standen die sowjetischen Truppen auf der Höhe Semme-
ring – Fürstenfeld – Feldbach und Radkersburg. Als am 9. Mai um 1 Uhr
nachts alle Truppenbewegungen der Deutschen Wehrmacht aufhörten, wa-
ren die Briten als zukünftige Besatzer noch weit von steirischen Kerngebieten
entfernt. Erst innerhalb weniger Tage nach der Kapitulation der Deutschen
Wehrmacht erfolgte die militärische Besetzung des Großteils der Steiermark.
Die Sowjets rückten dabei nach der Kapitulation in der Steiermark überall so
weit vor, bis sie auf Briten oder Amerikaner stießen.321
In der Nacht vom 8. auf den 9. Mai rückten Einheiten der 57. Armee der 3.
Ukrainischen Front in Graz ein. Graz wurde widerstandslos der Roten Armee
übergeben und kam als letzte österreichische Landeshauptstadt unter alliierte
Besatzung.322 Sehr zum Bedauern bzw. zum Schrecken der Bevölkerung, die
auf amerikanische oder britische Truppen gehofft hatte, wurde Graz somit
zunächst sowjetisch besetzt.323 Am 9. Mai rückte die 57. Armee auf die Linie
319 CAMO, F. 132, op. 2642, d. 39, S. 82, Befehl der Stavka an die Oberkommandierenden der 2. und
3. Ukrainischen Front über das weitere Vorgehen in Österreich, 13.4.1945. Abgedruckt in: Institut
Voennoj Istorii, Krasnaja Armija v stranach Central’noj Evropy, S. 627f. Auf Deutsch abgedruckt in:
Rauchensteiner, Der Krieg in Österreich, S. 492. Vgl. Rauchensteiner, Der Krieg in Österreich, S. 206.
320 Petschnigg, Die Rote Armee in der Steiermark, S. 525; Felix Schneider, Kriegsende, in: Historische
Landeskommission für Steiermark (Hg.), Vom Bundesland zur europäischen Region. Die Steier-
mark von 1945 bis heute. Geschichte der Steiermark. Bd. 10. Graz 2004, S. 9–30, hier: S. 23f.; Othmar
Tuider, Die Kämpfe im Vorgelände der Fischbacher Alpen 1945. Militärhistorische Schriftenreihe,
H. 17. 3. Aufl. Wien 1984; Eliseeva, Zum Schutz des Hinterlandes der Roten Armee, S. 94–96.
321 Stefan Karner, Die Steiermark im 20. Jahrhundert. Politik – Wirtschaft – Gesellschaft – Kultur. Graz
– Wien – Köln 2000, S. 306.
322 CAMO, F. 243, op. 2914, d. 268, S. 12–14, Merkulov über die Sitzung der provisorischen Regierung
am 10. Mai 1945, 11.5.1945; Gračev, Voennaja ėnciklopedia, S. 112; Petschnigg, Die „sowjetische“
Steiermark, S. 533.
323 CAMO, F. 413, op. 10389, d. 46, S. 276–281, Bericht des Leiters der Politabteilung der 57. Armee, Ge-
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Stalins Soldaten in Österreich
- Subtitle
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Author
- Barbara Stelzl-Marx
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 874
- Categories
- Geschichte Nach 1918