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3. Militärischer Vormarsch und Regierungsbildung 145
tung einer zwei Kilometer breiten „neutralen Zone“ zwischen den sowjeti-
schen und den britischen Truppen in die Wege geleitet.349
Im Raum Köflach traf die 57. Armee der 3. Ukrainischen Front schließlich
auf britische Einheiten und richtete eine provisorische Demarkationslinie ein.
Nordwestlich davon traf in Judenburg ein Teil der 26. Armee der 3. Ukrai-
nischen Front auf die britische Armee, wodurch Judenburg bis zum 24. Juli
1945 entlang der Mur eine zweigeteilte Stadt blieb. Die Briten besetzten so-
mit Kärnten und Osttirol sowie Teile des Lungaus und der Steiermark. Die
gesamte Steiermark (noch ohne das Ausseer Land) übernahmen die Briten
formell am 24. Juli 1945 als Besatzungszone.350 Die sowjetische Besatzung der
Steiermark war jedoch erst am 31. Juli 1945 mit dem Abzug der letzten Rot-
armisten aus Mürzzuschlag endgültig vorbei.351
Nach diesem „Wettlauf der Armeen“352 war Österreich nun im Mai 1945
militärisch sechsfach besetzt. Den weitaus größten Gebietsanteil hatten die
Sowjets inne, wobei ihre Truppen auch eindeutig am stärksten in Österreich
vertreten waren: 400.000 Mann der 2. und 3. Ukrainischen Front hatten im
Zeitraum von Ende März bis Mitte Mai 1945 Ostösterreich eingenommen.
Sie machten die „totale Besetzung“ augenfällig.353 Wenngleich die Sowjets
die meisten Faustpfänder in den Händen hielten, merkten sie doch bald, dass
dies auch seine Schattenseiten hatte – insbesondere als es um die Teilung
Wiens in Sektoren ging, gleichzeitig aber auch um die Verpflegung der hun-
gernden Bevölkerung. In dieser Phase liefen jedoch nicht nur die Verhand-
lungen um die Besatzungszonen, Thema war auch die Anerkennung der pro-
visorischen Regierung Karl Renner.354
349 CAMO, F. 413, op. 10839, d. 45, S. 282–284, Politbericht des Leiters der Politischen Abteilung der
57. Armee, Georgij K. Cinev, an den Leiter der Politischen Verwaltung der 3. Ukrainischen Front
über ein Zusammentreffen mit britischen Truppen, 13.5.1945. Abgedruckt in: Karner – Stelzl-Marx
– Tschubarjan, Die Rote Armee in Österreich, Dok. Nr. 38.
350 Schneider, Der Krieg in Österreich, S. 43; Karner, Die Steiermark im 20. Jahrhundert, S. 325. Zur bri-
tischen Verwaltung der Steiermark vgl. Siegfried Beer (Hg.), Die „britische“ Steiermark 1945–1955.
Unter wissenschaftlicher Mitarbeit von Felix Schneider und Johannes Feichtinger. Forschungen zur
geschichtlichen Landeskunde der Steiermark. Bd. 38. Graz 1995.
351 Felix Schneider, Britische Besatzungs- und Sicherheitspolitik, in: Historische Landeskommission für
Steiermark (Hg.), Vom Bundesland zur europäischen Region. Die Steiermark von 1945 bis heute.
Geschichte der Steiermark. Bd. 10. Graz 2004, S. 59–98, hier: S. 60; Petschnigg, Die „sowjetische“
Steiermark, S. 552f.
352 Portisch, Am Anfang war das Ende, S. 333.
353 Rauchensteiner, Der Sonderfall, S. 81. Der Autor nennt diese Zahl allerdings auch als Gesamtstärke
der 3. Ukrainischen Front. Siehe: Rauchensteiner, Der Krieg in Österreich, S. 107. Die Gesamtstärke
der 2. und 3. Ukrainischen Front inklusive Donauflottille lag laut Gostztony bei insgesamt 644.700
Mann. Vgl. Gosztony, Planung, Stellenwert und Ablauf der „Wiener Angriffsoperation“, S. 143.
354 Slapnicka, Oberösterreich – zweigeteiltes Land, S. 35.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Stalins Soldaten in Österreich
- Subtitle
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Author
- Barbara Stelzl-Marx
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 874
- Categories
- Geschichte Nach 1918