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1. Im Zentrum der Macht 159
Agenden.6 Auf den früheren Komintern-Generalsekretär Dimitrov folgte als
Leiter Michail A. Suslov, einer der Chefideologen des Stalinismus, seit 1941
Mitglied und ab 1947 bis zu seinem Tod 1982 Sekretär des ZK der VKP(b).
Außerdem fungierte Suslov von 1947 bis 1948 als Leiter der „Abteilung Agi-
tation und Propaganda“ des ZK der VKP(b).7 Mit April 1946 erhielt die Abtei-
lung für Außenpolitik die Aufgabe, „die Auslandspropaganda und die Über-
prüfung der Kader für Außenbeziehungen zu verbessern, die von der UdSSR
ins Ausland gehende Propaganda entschieden zu verbessern, die Auslands-
tätigkeit der sowjetischen Antifaschistischen Komitees, der gewerkschaftli-
chen und anderer Organisationen zu aktivieren und die Verbindung mit den
ausländischen kommunistischen Parteien zu verbessern“.8
Zur „Beseitigung der Mängel in diesen Arbeitsgebieten“ ließ sie die im
Ausland beschäftigten sowjetischen Mitarbeiter systematisch überprüfen und
lud diese nach ihrer Rückkehr zu Gesprächen vor. Mit dem Recht eines „Par-
teikontrolleurs“ mischte sich die Abteilung in die Arbeit der Propaganda-
abteilung des „Sowjetischen Teils der Alliierten Kommission“ in Österreich
(SČSK) ebenso ein wie unter anderem in jene des Sovinformbüros, der Nach-
richtenagentur TASS, der „Allunionsgesellschaft für kulturelle Verbindungen
mit dem Ausland“ (VOKS) oder der Vereinigung „Das internationale Buch“.
Die Leiter dieser Einrichtungen mussten auf den Sitzungen der Abteilung
für Außenpolitik regelmäßig Rechenschaft über ihre Tätigkeit im Ausland
ablegen. All dies verstärkte nicht nur den psychologischen Druck, sondern
ermutigte Bespitzelung und Denunziation von Personen, die außerhalb der
Grenzen der UdSSR arbeiteten oder tätig gewesen waren.9
Durch die Analyse und Weiterleitung der erhaltenen Informationen „nach
oben“ beeinflusste Suslovs Abteilung bis zu einem gewissen Grad Beschlüsse
zu internationalen Fragen, die die Stalin‘sche Führung fasste. Nach Kriegs-
ende zeichnete sich das Geltungsbedürfnis der Abteilung zunehmend ab.
1946 wurde die Abteilung „in einer Reihe mit dem Ministerium für auswärti-
6 Mark Kramer, The Role of the CPSU International Department in Soviet Foreign Relations and
National Security Policy, in: Soviet Studies 42/1990, S. 429–446; Leonid Ja. Gibianskij, Kak voznik
Kominform: Po novym archivnym materialam, in: Novaja i novejšaja istorija 4/1993, S. 131–152,
hier: S. 136; Grant M. Adibekov, Das Kominform und Stalins Neuordnung Europas. Zeitgeschichte
– Kommunismus – Stalinismus. Materialien und Forschungen. Bd. 1. Frankfurt am Main u. a. 2002,
S. 44; Mueller, Die sowjetische Besatzung in Österreich, S. 13.
7 Jan Foitzik, Einleitung, in: Grant M. Adibekov, Das Kominform und Stalins Neuordnung Europas.
Zeitgeschichte – Kommunismus – Stalinismus. Materialien und Forschungen. Bd. 1. Frankfurt am
Main u. a. 2002, S. 11–28, hier: S. 15, 25; Wagner, Die Besatzungszeit aus sowjetischer Sicht, S. 68f.
8 Zit. nach: Adibekov, Das Kominform und Stalins Neuordnung Europas, S. 44.
9 Ebd. Ein Beispiel eines solchen Berichtes, den der Chef der Propagandaabteilung der SČSK der
Abteilung für Außenpolitik vorzulegen hatte, findet sich in: RGASPI, F. 17, op. 128, d. 117, S. 2–117,
Bericht von Pasečnik an Suslov über die Lage in Österreich, 6.8.1946.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Stalins Soldaten in Österreich
- Subtitle
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Author
- Barbara Stelzl-Marx
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 874
- Categories
- Geschichte Nach 1918