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2. Die diplomatische Ebene
Den zentralen Kommunikator zwischen sowjetischer Regierung und der
Sow
jetbesatzung in Österreich bildete das Volkskommissariat bzw. Ministe-
rium für auswärtige Angelegenheiten (NKID/MID) und dabei im Besonde-
ren die für Deutschland und Österreich zuständige 3. Europäische Abteilung.
Wie im Folgenden gezeigt wird, lag die Verantwortung bei mehreren Spit-
zendiplomaten, von denen einige zu den einflussreichsten Funktionären der
Stalinzeit zählten. Zum Vorschein kommt hierbei auch die teilweise vorhan-
dene Verquickung mit dem sowjetischen Geheimdienst. Gegenseitige Über-
wachung und Machtspiele gehörten zum Alltag.
2.1 Die 3. Europäische Abteilung
Als Koordinationsstelle fungierte die 3. Europäische Abteilung des NKID/
MID, die für Deutschland und Österreich zuständig war. Von 1943 bis 1949
stand mit Andrej A. Smirnov (1905–1982) ein erfahrener Kaderdiplomat und
führender Deutschlandexperte an ihrer Spitze, der bis 1949 sowie erneut von
1968 bis 1973 das Amt des stellvertretenden Außenministers ausübte. Der
1905 geborene Jurist war von 1937 bis 1941 Presseattaché bzw. Botschaftsrat
in Berlin, von 1941 bis 1943 Botschafter in Teheran, übernahm 1943 die Lei-
tung der 3. Europäischen Abteilung des NKID, fungierte 1945 als Politischer
Berater bei der 1. Weißrussischen Front, war 1956 Botschafter in Österreich
und anschließend bis 1966 in der BRD.24 Die Mehrheit seiner Mitarbeiter wäh-
rend des Krieges stellten junge Beamte im Alter von durchschnittlich 30 Jah-
ren dar, die den militärisch-diplomatischen Zweig der höheren Parteischule
besucht hatten. Bei Kritik wegen nicht zeitgerechter Erledigung von Aufga-
ben pflegte er häufig zu antworten: „Was kann ich denn schon machen? Ich
habe hier einen Kindergarten um mich!“25 1949 wechselte er in die Funktion
des stellvertretenden Vorsitzenden in die Außenpolitische Kommission des
ZK der VKP(b).
„Kuratoren“ der 3. Europäischen Abteilung waren der erste stellvertre-
tende Volkskommissar für auswärtige Angelegenheiten, Andrej Ja. Vyšinskij
(1883–1954), und Vladimir G. Dekanozov (1898–1953), ein enger Verbündeter
des NKVD-Chefs Lavrentij P. Berija und von 1939 bis 1947 stellvertretender
Volkskommissar bzw. Minister für auswärtige Angelegenheiten. Der 1898
geborene Dekanozov war einer der einflussreichsten Funktionäre der Sta-
24 Foitzik, Sowjetische Militäradministration in Deutschland, S. 477.
25 Pavlenko, Österreich im Kraftfeld der sowjetischen Diplomatie, S. 572.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Stalins Soldaten in Österreich
- Subtitle
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Author
- Barbara Stelzl-Marx
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 874
- Categories
- Geschichte Nach 1918