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3. Die militärische Ebene: Armee und Kommandanturen 171
te bis Dezember 1945 auf 25.000 Mann, die US-Amerikaner bis Jahresbeginn
1946 auf etwas mehr als 41.000 Mann.63
Trotz der Reduktionen war das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Besat-
zungstruppen und Einheimischen in sämtlichen Zonen Österreichs ungüns-
tiger als in jedem anderen Land, in dem nach Kriegsende Besatzungssoldaten
stationiert waren. Dabei kamen auf einen sowjetischen Soldaten 15 Österrei-
cher (in Deutschland betrug das Verhältnis 1 zu 28), in der amerikanischen
Zone kamen auf einen US-Soldaten 79 Österreicher und in der britischen
Zone war das Verhältnis 1 zu 83. Pro Kopf hatte Österreich die höchsten Be-
satzungskosten zu zahlen.
Die sowjetischen Besatzungstruppen blieben die einzige echte militärische
Größe im österreichischen Raum. Dabei stand die Abschirmung Ungarns
und der Tschechoslowakei im Vordergrund. Als Begründung für die Statio-
nierung von Truppen in diesen Ländern galt die Sicherung der sowjetischen
Nachschubwege.64 Selbst 1955 befanden sich noch mehr als 50.000 sowjetische
Armeeangehörige und Bedienstete sowie Mitglieder von Offiziersfamilien in
Österreich.65
Von Ende Mai bis Mitte Juni 1945 erfolgte eine tief greifende Umstruk-
turierung der in Ost- und Mitteleuropa stationierten Roten Armee. Im Zuge
dieser Heeresreform wurden die Fronten aufgelöst und große Truppenkon-
tingente zum Wiederaufbau der zerstörten sowjetischen Wirtschaft bzw. zum
Einsatz im bevorstehenden Krieg gegen Japan abgezogen. So befehligte Mali-
novskij ab Juli 1945 die Truppen der Transbaikalfront („Zabajkal’skij Front“)
gegen Japan.66 Das Gros der 3. Ukrainischen Front, die ab 15. Juni 1945 den
Namen „Südliche Gruppe der Streitkräfte“ („Južnaja gruppa vojsk“) trug,
kam unter Tolbuchins Oberbefehl nach Rumänien und Bulgarien.67
63 Rauchensteiner, Der Sonderfall, S. 140, 152f.
64 Ebd., S. 153.
65 Im Detail handelte es sich um 39.512 Armeeangehörige, 7590 Offiziersfamilien sowie 2383 Arbeiter
und Bedienstete, die im Herbst 1955 aus Österreich abgezogen wurden. Vgl. CAMO, F. 275, op.
140920s, d. 7, S. 145–156, Bericht des Oberkommandos der CGV an den Chef des Generalstabes,
Sokolovskij, und den Chef des Hauptstabes der Landstreitkräfte, Malandin, über den Abzug der
sowjetischen Truppen aus Österreich, 24.9.1955. Abgedruckt in: Karner – Stelzl-Marx – Tschubarjan,
Die Rote Armee in Österreich, Dok. Nr. 188; Knoll – Stelzl-Marx, Der Sowjetische Teil der Alliierten
Kommission, S. 216. Siehe dazu auch das Kapitel A.III.3.4 „Abschied von Österreich: Truppenabzug
und Auflösung der Kommandanturen“ in diesem Band.
66 Voennaja ėnciklopedija. Bd. 4. Moskau 1999, S. 540.
67 CAMO, F. 148a, op. 3763, d. 213, S. 139–141, Direktive der Stavka Nr. 11098 an den Oberbefehls-
haber der 3. Ukrainischen Front über die Umbenennung der Front in „Südliche Gruppe der Streit-
kräfte“, 29.5.1945. Abgedruckt in: Institut Voennoj Istorii, Stavka VGK, S. 242f. Tolbuchin war bis
Jänner 1947 Oberbefehlshaber der Südlichen Gruppe der Streitkräfte in Rumänien und Bulgarien.
Vgl. Voennaja ėnciklopedija. Bd. 8. Moskau 1999, S. 91.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Stalins Soldaten in Österreich
- Subtitle
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Author
- Barbara Stelzl-Marx
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 874
- Categories
- Geschichte Nach 1918