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3. Die militärische Ebene: Armee und Kommandanturen 175
des Verteidigungsministeriums der UdSSR tätig.81 Dem Oberbefehlshaber
war als wichtigste militärpolitische Führungsinstanz der Militärrat („voennyj
sovet“)82 beigestellt, der mit allen militärischen, administrativen, wirtschaft-
lichen und politischen Vollmachten zur Verwaltung der „befreiten Gebiete“
ausgestattet war. Dem Militärrat gehörten der jeweilige Oberbefehlshaber
und zwei weitere, von der GlavPURKKA ausgewählte Mitglieder an. Als
„kollektives“ Leitungsorgan beschnitt es die Machtfülle des Oberbefehlsha-
bers. Seit Mai 1944, als das Politbüro des ZK der VKP(b) mit den Mitgliedern
der Militärräte aller Fronten die politische Marschrichtung im Zusammen-
hang mit der „Befreiungsmission“ der Roten Armee festgelegt hatte, durften
sich die Militärräte auch direkt an das ZK der VKP(b) wenden.83
Zu Kriegsende gehörten zum Militärrat der 2. Ukrainischen Front Mar-
schall Rodion Ja. Malinovskij in seiner Funktion als Oberbefehlshaber dieser
Front und Generalleutnant A. Tevčenkov. Zum Militärrat der 3. Ukrainischen
Front zählten neben Tolbuchin die Politoffiziere Generaloberst Aleksej S.
Želtov und Generalleutnant V. Lajok. Želtov war bereits seit 1943 Mitglied
des Militärrates der 3. Ukrainischen Front. Ihm fiel die Aufgabe zu, noch
während der Kampfhandlungen den Aufbau einer Zivilverwaltung in Ös-
terreich zu organisieren und zu kontrollieren.84 In dieser Rolle und später als
stellvertretender Militär- bzw. Hochkommissar wurde er für fünf Jahre „die
zentrale Persönlichkeit in der sowjetischen Österreichpolitik“.85 Anlässlich
seines Abschieds von Österreich am 14. Juli 1950 sah sich Hochkommissar
Koptelov veranlasst, einen Empfang „für einen engen Kreis seiner Kollegen
bei der gemeinsamen [interalliierten] Arbeit“ zu geben.86 Von 1953 bis 1958
leitete Želtov die Zentrale Politische Hauptverwaltung GlavPU im sowjeti-
schen Verteidigungsministerium, ab 1959 die Militärpolitische Akademie.87
81 Knoll – Stelzl-Marx, Der Sowjetische Teil der Alliierten Kommission, S. 191.
82 „Voennyj“ hat im Russischen sowohl die Bedeutung „Militär-“ als auch „Kriegs-“, weswegen in der
deutschsprachigen Literatur auch häufig die Bezeichnung „Kriegsrat“ zu finden ist.
83 Foitzik, Sowjetische Militäradministration in Deutschland, S. 114–117; K. Krainjukov – Ja. Kuz-
necov, Dejatel’nost’ voennych sovetov v operacijach Sovetskoj Armii za rubežom, in: Voenny-
istoričeskij žurnal. 4/1972, S. 31–39, hier: S. 33.
84 AVP RF, F. 66, op. 23, p. 24, d. 8, S. 20f., Bericht der 3. Europäischen Abteilung des NKID „Über
Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Vormarsch der Roten Armee auf das Gebiet Österreichs“,
spätestens am 2.4.1945. Abgedruckt in: Karner – Stelzl-Marx – Tschubarjan, Die Rote Armee in Ös-
terreich, Dok. Nr. 6; Wagner, Die Besatzungszeit aus sowjetischer Sicht, S. 44.
85 Rauchensteiner, Der Sonderfall, S. 71.
86 AVP RF, F. 66, op. 29, p. 49, d. 14, S. 10, Schreiben von M. Gribanov an V. Zorin anlässlich der Abrei-
se Želtovs aus Österreich, 12.7.1950.
87 Knoll – Ruggenthaler, Biographische Skizzen, S. 937; Voennaja ėnciklopedija. Bd. 3. Moskau 1995, S.
173f.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Stalins Soldaten in Österreich
- Subtitle
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Author
- Barbara Stelzl-Marx
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 874
- Categories
- Geschichte Nach 1918