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III. Der sowjetische Besatzungsapparat: Struktur und
Funktion184
Bis April 1948 reduzierte sich die Zahl von 65 auf 28 Bezirkskommandan-
turen, während jene der drei Landeskommandanturen unverändert blieb.
Als Folge dieser umfangreichen Reduktion der Kommandanturen, ihrer Auf-
gabenänderung und der Auflösung sämtlicher Militärkommandanturen in
Ungarn wurde Anfang April 1948 ein Vorschlag zur Reorganisation der Mi-
litärkommandanturen ausgearbeitet. Dieser sah unter anderem vor, die Ab-
teilung zur Leitung der Militärkommandanturen, ORVK, aufzulösen und die
drei Landeskommandanturen zu einer Zonenkommandantur zusammenzu-
legen. Die Militärkommandanten sollten direkt dem Kommandierenden der
CGV und in operativer Hinsicht dem Assistenten des Hochkommissars der
SČSK unterstellt werden.119
Bis zur Umsetzung dieses Vorschlags sollte es allerdings beinahe vier Jahre
dauern. Noch im September 1951 gab es im Burgenland und in Niederös-
terreich je eine Landeskommandantur. In diesen beiden Bundesländern so-
wie im Mühlviertel waren außerdem Bevollmächtigte des Hochkommissars
gemeinsam mit Übersetzern und Inspektoren eingesetzt, die jedoch, so die
interne Kritik an das Politbüro des ZK der VKP(b), weder ihre Aufgaben ken-
nen würden noch in der Lage wären, die notwendige Kontrolle über die ös-
terreichischen Organe auszuüben.120
Darüber hinaus existierten 28 Kommandanturen in den Bezirken und
größeren Städten. Bei jeder der Kommandanturen waren junge sowjetische
Offiziere gemeinsam mit österreichischen Helfern als Instruktoren für die po-
litische Arbeit unter der einheimischen Bevölkerung abgestellt. Doch auch
die Ausstattung und Gebäude vieler Kommandanturen befanden sich zu
diesem Zeitpunkt in einem schlechten Zustand. Selbst die Kommandanten
legten laut dem Bericht keinen Wert auf ihr Äußeres. „All dies“, so die an
Stalin weitergeleitete Conclusio, würde „die Autorität und den Einfluss unse-
rer Militärkräfte in Österreich und insbesondere jener Personen untergraben,
die die örtlichen Kräfte kontrollierten und die politische Arbeit unter der ös-
terreichischen Bevölkerung durchführten.“121 Mit vergleichbaren Problemen
waren die Sowjets während der gesamten Besatzungszeit konfrontiert.122
119 RGASPI, F. 17, op. 127, d. 1720, S. 82f., Vorschläge zur Reorganisation der Militärkommandanturen
in Österreich [5.4.1948]. Abgedruckt in: Karner – Stelzl-Marx – Tschubarjan, Die Rote Armee in
Österreich, Dok. Nr. 75.
120 RGASPI, F. 82, op. 2, d. 1117, S. 44–55, hier: S. 47, Bericht von A. Smirnov und S. Šatilov an V.
Grigor’jan „Über die Arbeit des Sowjetischen Teils der Alliierten Kommission für Österreich und
Maßnahmen zur Stärkung des sowjetischen Einflusses in Österreich“, 17.10.1951.
121 Ebd.
122 Siehe dazu auch das Kapitel B.I.1.2.1 „Die politische Tragweite von Vergehen“ in diesem Band.
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Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Stalins Soldaten in Österreich
- Subtitle
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Author
- Barbara Stelzl-Marx
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 874
- Categories
- Geschichte Nach 1918