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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ - Tagebücher 1839–1858, Volume II
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70 Tagebücher [Wien] am ostersonntag 23. April ich war diese ganze Zeit so gehetzt, daß ich trotz der drängenden ereignisse nicht regelmäßig niederschreiben konnte, ich trage daher kurz nach. Am 5. Abends 7 uhr reisten wir ab, die Andern im festlichen Zuge, zu fuße, fahnen, nationalgarde etc. bis zum Bahnhofe, ich, der den Braten gerochen hatte, ganz einfach in meinem fiaker. die Bahndirection gab uns einen eigenen Wagen und zwar gratis, vor der Abfahrt noch speeches, hochs etc., dieses selbe spectakel wiederholte sich tags darauf durch ganz schle- sien, in Breslau, liegnitz etc. in görlitz mußten wir übernachten, da kein nachttrain ging. in dresden stiegen wir mit unsern dreyfarbigen schärpen wie die hanswurste herum und wurden für freywillige nach schleswig ge- halten, frühstückten allesammt auf der Brühlschen terrasse und machten überhaupt möglichst viel Aufsehen, wofür der unausstehliche Jude kuranda nach kräften sorgte. in leipzig ähnliches, in Weimar mußten wir aus dem obigen grunde wieder übernachten und in stockfinstrer nacht auf grundlo- sen Wegen in das langweilige nest wandern, wofür wir uns beym einzuge durch einen heillosen lärmen rächten, so daß ganz Weimar aus den Betten fuhr. da gab es wieder reden, patriotische gesänge, Jenenser studenten etc. unterwegs kauften wir allenthalben Zeitungsblätter und erfuhren so, wie wir frankfurt näher kamen, immer neueres von der versammlung. Als wir Wien verließen, hofften wir sie noch beysammen zu treffen, erfuhren aber dann bald ihre Auflösung und die Bestellung eines fünfziger Ausschusses, in Weimar las ich in der Zeitung meine Wahl in diesen Ausschuß, und ich ge- stehe, daß mich diese Anerkennung schmeichelte. Auch meine collegen und reisegefährten lernte ich besser kennen, die meisten hatte ich früher nie ge- sehen, und wie wir uns so näher bekannt wurden, natürlich immer und ewig von dem gegenstande unserer sendung sprechend und debattirend, so grup- pirten wir uns nach und nach. mein mann war endlicher, ein würdiger ruhi- ger braver mann, gelehrter, doch ohne große politische portée (ich schob ihn denn bey jeder gelegenheit vor als prête-nom und porte-étendard). mühlfeld, der gescheidteste kopf und scharfer dialectiker, doch von vulgären formen. schilling, der sich und den man hier für einen republikaner hielt, der aber mit jedem tage handfrommer wurde, als er die lage der dinge draußen sah. hornbostel, ein ehrlicher braver junger mann.1 gerold, ein detto alter kerl. Auersperg, trotz seines dichternamens eine unbedeutende personage, der sich von kuranda enfiliren ließ. schuselka eine gutmüthige ehrliche, schwärmerische, nicht gefährliche Art von einem republicaner. somma- ruga, ein guter, entsetzlich eitler und langweiliger schwätzer. schmerling bekannt. Jurist schneider, ein langweiliger selbstzufriedener emphatischer 1 theodor hornbostel, geboren 1815, war nur zwei Jahre jünger als Andrian.
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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ Tagebücher 1839–1858, Volume II
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Subtitle
Tagebücher 1839–1858
Volume
II
Author
Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
Editor
Franz Adlgasser
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2011
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-78612-2
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
716
Keywords
Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
Category
Biographien

Table of contents

  1. Tagebücher 1848–1853 7
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