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Februar 1854
Auf dem Wege sah ich die erste Aloë seit cairo, die gomma arabica wird
aus dem Acanthusbaume gewonnen, der sie ausschwitzt, die beste kömmt
aus dem sudan, eine mindere gattung aus mekka.
[am nil nördlich von Beni suef] 10. februar
gestern gegen 1 uhr waren wir in minieh und besuchten die Bazaars. da,
sowie überhaupt überall, fanden wir höfliche freundliche Leute, welche uns
Pfeifen, sitze, caffeh etc. offerirten. die schmutzig aussehende, gelblicht
weißliche farbe der Bewohner fällt mir, der ich jetzt an das schöne dunkle
colorit der südlicheren länder gewöhnt bin, unangenehm auf. Wir fuhren
die ganze nacht durch. diese Araber ertragen unglaubliche mühe und Ar-
beit und ruderten z.B. gestern und heute 14–15 stunden ohne unterlaß,
dabey immer singend und brüllend, ihre gesänge sind übrigens sehr man-
nigfaltig und mitunter sehr melodisch, dabey leben die kerls von Brod und
Wasser und höchstens einigen ungekochten gräsern. heute morgen erhob
sich ein leichter südwestwind, so daß wir seit Wadihalfa zum erstenmahle
segel aufspannten, die mannschaft legte sich schlafen, und wir fuhren leise
und lautlos, ein frappanter contrast gegen den gewöhnlichen lärmen und
gesang. An solchen contrasten ist eine nilreise reich, in jeder Beziehung.
gegen 1 uhr mittags waren wir heute in Benisouef, die fahrt geht zu
ende, und wir fangen an, unsere mit allerhand eingekauftem Zeug vollge-
pfropften cabinen aufzuräumen.
diesen morgen passirten wir ein koptenkloster des heiligen georg, des
schutzheiligen der copten, welcher aber von den mönchen den muselmän-
nern als ein mohamedanischer heiliger shekh dargestellt wird (oder wenig-
stens zu den Zeiten muselmännischer intoleranz dargestellt wurde), so daß
auch diese ihn als solchen verehren.
cairo 13. februar
vorgestern früh fanden wir uns bey masguna geankert, einem dorfe süd-
lich von sakkara gelegen, ich hatte mir dieses nach der topographischen
lage desselben ausstudirt und wollte von da aus sämmtliche Pyramiden bis
gizeh in einem tage besuchen. der gewöhnliche landungsplatz ist Bedra-
sheyn, nördlich von dashur, südlich von sakkara und gizeh. ich machte
aber hier wieder die erfahrung, daß besonders in diesen ländern der ge-
wöhnliche Weg der kürzeste sey, denn in masguna fanden wir schlechte esel
und zu exorbitanten Preisen, so daß ich sogleich weiter nach Bedrasheyn
fahren ließ. mittlerweilen entschloß sich freeman, der die Pyramiden schon
gesehen hat, unmittelbar nach cairo zu gehen, und fletcher, der seinen
vetter in Bedrasheyn traf, wollte mit diesem sakkara besuchen und sich
gizeh für später vorbehalten. da es nun auch schon zu spät war, um Alles
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Volume III
- Title
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Subtitle
- Tagebücher 1839–1858
- Volume
- III
- Author
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Editor
- Franz Adlgasser
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 476
- Keywords
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Category
- Biographien