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Februar 1854
digen energie gegen die russen aus, in hohen wie in niedern klassen und
ebenso in der Armée, aber dabey wird es in Beziehung auf ihn wohl bleiben,
es ist eine gemeine natur und nur für gemeine rücksichten zugänglich.
Wegen meiner Kammerherrngeschichte habe ich noch keine offizielle Zu-
stellung erhalten (ich erwartete sie dießmal), dagegen schreibt mir gabri-
elle, es sey den Hofleuten etc. verbothen worden, davon zu sprechen – !
– die sache wird zu einer lächerlichen krähwinkliade.
im Banate wird ein Beobachtungskorps von 25.000 mann unter schlick
zusammengezogen.
hier haben wir schon seit ein paar tagen khamsin, d.i. südostwind,
mit einer unerträglichen hitze für diese Jahreszeit, er verursacht mir eine
höchst unangenehme Abspannung. dabey wimmelt es in diesem hause von
flöhen.
ich denke, in 7–8 tagen über suez und gaza nach Jerusalem abzureisen
und zwar wieder mit mohammed und wahrscheinlich allein, ich habe die
landreise vorgezogen, da es mir interessant ist, eine reise durch die Wüste
zu machen.
das berühmte labyrinth stand im heutigen fayoum, und es sind noch
bedeutende ruinen davon vorhanden. nach Brugsch war es bloß ein tem-
pel mit vielen kammern und datirt aus der Zeit der 12. dynastie. Busiris ist
eine fabelhafte von den griechen erfundene mythologische Person, wovon
niemand in egypten etwas wußte, es war eine verstümmelung des Wortes
Abu osiris, das grab des osiris, so hieß eine stadt im delta. Brugsch be-
hauptet, daß viele der Zerstörungen, welche lepsius zugeschrieben werden,
von andern verübt worden sind. er kehrt nächstens nach europa zurück,
um dort sein Werk herauszugeben.1 Zugleich besorgt er die herausgabe
eines Werkes von Bunsen (welcher zu Allem Zeit findet in seiner unglaub-
lichen thätigkeit) über Aegyptens geschichtliche Weltstellung, welches er
mir empfahl,2 nach ein paar Jahren möchte er wieder hieher zurückkehren
und wünscht eine unterstützung von seite oesterreichs, und des lloyd’s.
ich versprach ihm, mit Bruck zu sprechen, und rieth ihm, sich an die Wie-
ner Akademie der Wissenschaften zu wenden.
übrigens scheint der lloyd in Aegypten in ziemlich schlechten händen,
d.h. in denen von engländern (selbst smart ist ein solcher), welche natür-
1 heinrich Brugsch, reiseberichte aus Aegypten geschrieben während einer auf Befehl sei-
ner maj. des königs friedrich Wilhelm iv. von Preußen in den Jahren 1853 und 1854
unternommenen wissenschaftlichen reise nach dem nilthale (leipzig 1855).
2 christian carl Josias von Bunsen, Aegyptens stelle in der Weltgeschichte. geschichtliche
untersuchung in fünf Büchern (hamburg–gotha 1845–1857). Bunsen war seit 1841 preu-
ßischer gesandter in london und damit Andrians kollege während seiner tätigkeit in der
britischen hauptstadt 1848–1849.
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Volume III
- Title
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Subtitle
- Tagebücher 1839–1858
- Volume
- III
- Author
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Editor
- Franz Adlgasser
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 476
- Keywords
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Category
- Biographien