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März 1854
die gegend war superbe, diese ruhigen stillen thäler, diese sanften hü-
gel und weidenden heerden, ja selbst das Aussehen der leute hatte wirk-
lich etwas Biblisches an sich. Wir waren ein paar stunden in diesen gegen-
den fortgezogen und ich zu fuße einige hundert schritte zurückgeblieben,
als ich einen berittenen und bewaffneten Beduinen sehr lebhaft mit meinen
leuten sprechen sah, ich wollte mich mit mohammed, der ebenfalls zu-
rückgeblieben war, nähern, als ich den reiter plötzlich im carrière davon-
sprengen sah, während ihn drey meiner leute, natürlich ohne die geringste
chance, zu fuße verfolgten. ich erfuhr nun, der Beduine habe meine leute
hart angefahren, daß sie kein recht hätten, auf diesem Wege zu ziehen,
und ich müsse ihm tribut zahlen. Während dieser pourparlers habe er zu-
erst nach einem meiner gewehre gegriffen und, da dieses am sattelknopfe
festgemacht war, einen mantel mohammeds auf dem nächsten kamehl er-
wischt und [war] damit davongeritten. mohammed erhob nun sein gewöhn-
liches geheul, welches selbst dann nicht endete, als ich ihm versprach, ihm
den verlust zu ersetzen.
es sollte aber noch schlimmer kommen, kaum eine stunde später kamen
2 bewaffnete reiter auf uns zu, verlangten wie gewöhnlich Anfangs tabak
und dann einen tribut von 20 Piaster, da ich nun dachte, ähnliche scenen,
nur immer ärger, würden sich nun bey jedem schritte wiederholen, sagte
ich das geld unter der Bedingung zu, sie sollten uns bis auf die hauptstraße
begleiten, und wirklich ritten sie eine strecke mit uns, mohammed aber,
der ganz den kopf verloren hatte, hatte ihnen den thaler sogleich bezahlt,
wir begegneten nun einem sehr ehrwürdig aussehenden Beduinenscheikh
sammt einem Begleiter, mit denen wir uns ganz freundlich unterhielten.
einer hatte lust auf des unglücklichen mohammed Burka, ließ sie ihm je-
doch, als er hörte, er habe bereits seinen mantel verloren. mit diesen ritten
jedoch auch unsere 2 Begleiter davon, wie sie sagten um wiederzukommen,
was aber nicht geschah.
ich eilte nun, um die Wiederholung solcher scenen, bey denen mir doch
unbehaglich wurde, zu verhüten, soviel ich konnte, auf die hauptstraße zu
kommen, was endlich zwischen 3 und 4 uhr bey dem dorfe el Bab, zwischen
Jerusalem und ramleh geschah. da es aber hier, wie ich hörte, bis zu dem 1
stunde weiter gelegenen dorfe trun1 ebenfalls noch nicht ganz sicher war,
so wollte ich Anfangs dahin, meine leute waren aber durchaus nicht dazu
zu bringen, und diese angebliche unsicherheit schien sich bey näherer er-
kundigung auf nichts zu reduziren. dennoch aber nahm ich, wie schon in
sdutt, nachtwachen und tags darauf 2 berittene Begleiter bis trun. ich
selbst kam in der nacht heraus und rauchte eine Pfeife mit der Wache.
1 latrun.
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Volume III
- Title
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Subtitle
- Tagebücher 1839–1858
- Volume
- III
- Author
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Editor
- Franz Adlgasser
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 476
- Keywords
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Category
- Biographien