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bestritten. Die sich daraus ergebenden Konflikte um die knappen Stellen spitzten
sich, wie wir später sehen werden, während der nächsten zwei Jahrzehnte noch zu.
Die Versuche der Musikergewerkschaften, die BerufsmusikerInnen zu vereinen und
gegen die Konkurrenz der AmateurInnen zu schützen, wurden u. a. eben durch die
große Diversität an Musizierformen und die unterschiedlichen Perspektiven der
Musizierenden auf ihre Tätigkeit erschwert.
2.2 Musizieren in Österreich
Die für West- und Mitteleuropa beschriebenen Entwicklungen des Musizierens
zwischen dem 18. und dem Beginn des 20. Jahrhunderts fanden weitgehend auch
in Österreich statt, allerdings in teils spezifischen Ausprägungen. Ein Merkmal der
österreichischen Entwicklungen ist die große Bedeutung des Musizierens von Dilet-
tantInnen. Für die Kunstmusik sieht Martha Handlos vor allem die Verbreitung von
Hausmusik und privaten Musizierkreisen, in denen vorrangig DilettantInnen tätig
waren, als Ursache für deren langanhaltende Dominanz im Wiener Konzertwesen.47
Diese starke Verbreitung des privaten Musizierens wiederum stand im Zusammen-
hang mit dem relativ späten Aufstieg des Bürgertums und damit auch dem späten
Aufkommen eines öffentlichen Konzertlebens.48 Erst 1842 – und damit Jahrzehnte
nach anderen europäischen Metropolen – wurde mit den Philharmonikern das
erste ständige Berufsorchester Wiens gegründet, um 1899 gab es in Wien immer
noch kein zweites ständiges Berufsorchester, dafür aber insgesamt 16 Dilettanten-
Orchester-
Vereine wie etwa das Orchester der Gesellschaft der Musikfreunde oder
auch den Orchesterverein der Eisenbahnbeamten.49 Auch außerhalb Wiens waren
Vereine und Musik- Gesellschaften noch um 1900 die wesentlichen Träger des kunst-
musikalischen Konzertlebens.50 Der oben skizzierte Prozess der Verdrängung von
AmateurInnen aus dem öffentlichen Musikleben fand auch hier statt, allerdings erst
deutlich später. In der Volksmusik wurde das Musizieren von AmateurInnen durch
die Gründung von zivilen Blasmusikkapellen wesentlich gestärkt. Diese Kapellen,
die stark an die zahlreich vorhandenen Militärkapellen angelehnt waren, wurden um
1815 erstmals in Tirol und Vorarlberg gegründet, weitere Gründungswellen fanden
nach 1848 und 1867 statt. Als Entwicklung, die im deutschsprachigen Raum ihren
Ausgang nahm und sich erst danach im übrigen Europa verbreitete, kann diese
47 Handlos, Entwicklung, 221 f.
48 Ebd., 220.
49 Heller, Zeit, 103.
50 Ebd., 127. Musizieren in Österreich 31
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Über die Produktion von Tönen
Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Title
- Über die Produktion von Tönen
- Subtitle
- Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Author
- Georg Schinko
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20802-0
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 310
- Keywords
- Music-making, Musician, Work, Vocation, Art, Austria, Correspondence analysis, Life Writing, Interwar period --- Musizieren, Musiker, Arbeit, Beruf, Kunst, Österreich, Korrespondenzanalyse, Lebensgeschichtliche Erzählung, Zwischenkriegszeit
- Category
- Kunst und Kultur