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eine „overwhelming presence of both Austrian protagonists and Austrian repertoire“
festzustellen.55 Im Verlagswesen entstand 1901 mit der Gründung der Universal Edi-
tion ein Unternehmen, das in den nächsten Jahrzehnten das bis dahin bestehende
Quasi- Monopol deutscher Verlage im Bereich der klassischen Musik erheblich
zurückdrängte.56 Ebenso ist aber seit der Mitte des 19.
Jahrhunderts auch der Versuch
festzustellen, eine nationale österreichische Musik nicht nur zu entdecken, sondern
auch deren Dominanz gegenüber anderen nationalen Musiken hervorzuheben. Gab
es schon im 18. Jahrhundert vereinzelt Vorstellungen wie jene des „singenden Wie-
ners“ (bzw. Österreichers an sich),57 so erfuhr die Definition von Wien als Musikstadt
sowie Österreich als Musikland durch die „Geschichte des Concertwesens in Wien“
des Musikkritikers Eduard Hanslick erstmals größere Verbreitung.58 Als maßgeblich
für die musikalische führende Rolle Österreichs wurden hier vor allem die Kom-
ponisten der klassischen Musik wie Mozart oder Haydn genannt. Die Vorstellung
Hanslicks erlangte vor allem in Wien größere Wirkmächtigkeit und wurde noch
befördert durch vom Staat subventionierte Projekte wie die Herausgabe der „Denk-
mäler der Tonkunst in Österreich“ durch den Musikwissenschaftler Guido Adler
ab 1890. Im Gegensatz zur Kunstmusik wurde die Volksmusik erst gegen Ende des
19. Jahrhunderts zur Definition einer spezifisch österreichischen Musik herange-
zogen, zuerst vor allem von Deutschnationalen, später auch
– durchaus im Konflikt
mit den jeweils anderen politischen Akteuren – von sozialistischer und christlich-
sozialer Seite.59 Bei all diesen Kategorisierungs- und Durchsetzungsversuchen öster-
reichischer Musik in der Monarchie blieb diese
– trotz gegenteiliger Tendenzen etwa
in der Militärmusik 60 – maßgeblich eine der „Deutsch- Österreicher“ (im Gegen-
satz zu den anderen in der österreichischen Monarchie vertretenen Nationalitä-
ten). Wie Guido Adler in einem während des Ersten Weltkriegs verfassten Artikel
einst schrieb: „In der Tonkunst gebührt aus entwicklungsgeschichtlichen Gründen
den Deutschen die Führerschaft.“ 61 Daraus entstanden wiederum Hierarchien und
Konflikte zwischen den mit unterschiedlichen Nationalitäten der österreichischen
Monarchie konnotierten Arten, Musik zu machen. So standen die Versuche, ganz
Österreich als Musikland darzustellen, teilweise im Gegensatz zum inneren Zusam-
menhalt eben dieses Österreichs.
55 Nathaus, Popular Music, 766.
56 Heller, Zeit, 124 f.
57 Mayer- Hirzberger, Volk, 27 f.
58 Ebd., 28.
59 Flotzinger, Musik, 374 ff.
60 Glanz, Popularmusik, 719 f.
61 Mayer- Hirzberger, Volk, 33. Musizieren in Österreich 33
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Über die Produktion von Tönen
Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Title
- Über die Produktion von Tönen
- Subtitle
- Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Author
- Georg Schinko
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20802-0
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 310
- Keywords
- Music-making, Musician, Work, Vocation, Art, Austria, Correspondence analysis, Life Writing, Interwar period --- Musizieren, Musiker, Arbeit, Beruf, Kunst, Österreich, Korrespondenzanalyse, Lebensgeschichtliche Erzählung, Zwischenkriegszeit
- Category
- Kunst und Kultur