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Geltung nur für jene Musizierenden, die in Bars, Kaffeehäusern, Gasthäusern etc.
musizierten. Die Tarife für Wien unterschieden sich
– bis auf die Einteilung in Lohn-
gruppen – grundsätzlich nicht stark von jenen, die in den Folgejahren für Städte
oder Bezirke in den Bundesländern vereinbart wurden. So wurde etwa der Tarif für
ein Konzert im Bezirk Dornbirn 1936 auf 1,5 Schilling pro Stunde,243 für ein popu-
läres Konzert in der Stadt Baden 1937 auf 2 – 2,5 Schilling pro Stunde festgesetzt.244
Jazzmusiker (bis drei Stunden) je nach Lohngruppe 4,40 – 7,15 Schilling
Salon-/Orchestermusiker (bis drei Stunden) nach Lohngruppe 3,85 – 6,60 Schilling
Einzelspieler (bis drei Stunden) je nach Lohngruppe 3,85 – 6,60 Schilling
Schrammelmusiker und- sänger 3,50 – 8 Schilling
Musiker in Heurigen der Vororte 3,50 Schilling
Ambulantes Spielen (drei Stunden) 9 Schilling
Abbildung 4: Tarife laut Kollektivvertrag für Wien 1936
Die Kategorie der SchrammelmusikerInnen und -sängerInnen (abgesehen von den
MusikerInnen in den Heurigenlokalen der Vororte) hatte im Vergleich zum Kollek-
tivvertrag von 1920/21 eine starke Aufwertung erfahren. Es war nun möglich, auch
mit dieser Musizierform ein ähnliches Einkommen zu erzielen wie ein/e MusikerIn
einer Salonkapelle. Das bedeutet aber weniger, dass diese Musizierenden nun bedeu-
tend bessergestellt worden wären, sondern dass andere Musizierende im Vergleich zu
1920/21 nun schlechtergestellt waren. Konnte ein/e Salon- oder OrchestermusikerIn
nach den Tarifen von 1920/21 mit einem dreistündigen Konzert etwa 40
Prozent des
offiziellen wöchentlichen Lebensbedarfs verdienen,245 sank dieser Wert bis 1936 auf
etwa 22 Prozent.246 Der Verdienst eines/einer SalonorchestermusikerIn der oberen
Lohnklassen war nach den Tarifen von 1936 (bei Annahme von zwei Konzerten pro
Tag) mit dem eines gelernten Maurers vergleichbar (zwischen 62 und 66 Schilling pro
Woche 247), während der Verdienst in den unteren Lohnklassen teilweise hinter dem
von Hilfsarbeitern in der Bauwirtschaft (bis zu 49 Schilling pro Woche 248) zurückblieb.
243 Der Österreichische Musiker (1936), Nr. 12, 170 – 171, hier 171.
244 Der Österreichische Musiker (1937), Nr. 7 – 8, 86.
245 Das Konzertlokal (1921), Nr.
8, 34 – 35 (Durchschnittswert der unterschiedlichen Tarife für ein
dreistündiges Konzert); Bundesamt für Statistik (Hg.), Nachrichten. 1
Jahrgang, 15; Butschek,
Reihen, Anhang 8.2 Verbraucherpreisindex seit 1800; eigene Berechnungen.
246 Der Österreichische Musiker (1936), Nr. 5 – 6, 82 – 86; Bundesamt für Statistik (Hg.), Nach-
richten. 15. Jahrgang, 11; eigene Berechnungen.
247 Bundesamt für Statistik (Hg.), Nachrichten. 15. Jahrgang, 14.
248 Ebd., 14.
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Über die Produktion von Tönen
Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Title
- Über die Produktion von Tönen
- Subtitle
- Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Author
- Georg Schinko
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20802-0
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 310
- Keywords
- Music-making, Musician, Work, Vocation, Art, Austria, Correspondence analysis, Life Writing, Interwar period --- Musizieren, Musiker, Arbeit, Beruf, Kunst, Österreich, Korrespondenzanalyse, Lebensgeschichtliche Erzählung, Zwischenkriegszeit
- Category
- Kunst und Kultur