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der Gesellschaft an sich‘, sondern die Konstruktion eines Raumes des Musizierens,
d. h. sowohl eine Beschreibung der für Musizieren in der Zwischenkriegszeit zen-
tralen Referenzen als auch der unterschiedlichen Arten, sich auf diese zu beziehen.
3.3 Das strukturale Sample
Zur Untersuchung des Musizierens der Zwischenkriegszeit mittels lebensgeschicht-
licher Erzählungen wurde ein Sample, d. h. eine Sammlung von Erzählungen, die
aus verschiedenen Perspektiven über Musizieren erzählen, gebildet. Die Erstellung
dieses Samples orientiert sich nicht an einer wie auch immer definierten reprä-
sentativen (im statistischen Sinne) Verteilung der Fälle anhand vorab definierter
sozialstatistischer Kriterien. Vielmehr wurden die Erzählungen nach dem Prinzip
der Kontrastmaximierung ausgewählt. In einem zirkulären Prozess wurden immer
wieder Erzählungen hinzugefügt, deren Position von den bereits vorhandenen Erzäh-
lungen noch nicht abgedeckt wurde. Interpretationen des vorhandenen Materials
führten zu Erkenntnissen, die immer wieder die Hinzunahme neuen Materials not-
wendig machten – im Unterschied zur einmaligen Erstellung einer Auswahl von
Erzählungen.33 Ebenso führten diese Interpretationen zur Veränderung der Fragen,
die an die Erzählungen gestellt wurden. Der Forschungsprozess fand nicht – wie
in manchen Lehrbüchern vorgeschlagen – als strikte Trennung von Konzeption
und Erhebung statt, sondern als sich wiederholendes Ineinandergreifen dieser bei-
den Forschungsphasen.
Die Konstruktion eines Raumes des Musizierens erfolgte auf der Grundlage von
49 lebensgeschichtlichen Erzählungen, in denen das Musizieren des/der Erzählenden
dargestellt wird. Erzählungen von wenigen Seiten wurden ebenso verwendet wie aus-
führliche Memoiren von über zweihundert Seiten (siehe Abbildung 5). Die Bezüge
auf das eigene Musizieren reichen von der Positionierung als zentrales Lebensthema
bis hin zur beiläufigen Erwähnung in Lebensgeschichten, die andere Themen zentral
setzen. Vor allem die Einbeziehung jener Musizierenden, die sich nicht als Virtuo-
sInnen oder BerufsmusikerInnen positionieren, sondern andere Positionen betonen
(Familienvater, Bäuerin etc.), stellt eine wesentliche Neuerung gegenüber früheren
Untersuchungen, die lebensgeschichtliche Erzählungen als Quelle verwenden, dar.
Bislang wurde großer Wert darauf gelegt, dass das zu untersuchende Phänomen –
ob es sich nun um das Bürgertum des 18.
Jahrhunderts oder die Industriearbeit des
20.
Jahrhunderts handelt
– anhand von Erzählungen untersucht wurde, in denen es
entsprechend viel Raum erhielt. Nur jene, die sich selbst vor allem als BürgerInnen
33 Vgl. Mejstrik, Ertüchtigung, 770 f.
Das strukturale Sample 83
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Über die Produktion von Tönen
Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Title
- Über die Produktion von Tönen
- Subtitle
- Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Author
- Georg Schinko
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20802-0
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 310
- Keywords
- Music-making, Musician, Work, Vocation, Art, Austria, Correspondence analysis, Life Writing, Interwar period --- Musizieren, Musiker, Arbeit, Beruf, Kunst, Österreich, Korrespondenzanalyse, Lebensgeschichtliche Erzählung, Zwischenkriegszeit
- Category
- Kunst und Kultur