Page - 91 - in Über die Produktion von Tönen - Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
Image of the Page - 91 -
Text of the Page - 91 -
ausblenden würde.12 Abgesehen davon ist die Konstruktion einer ‚repräsentativen‘
Stichprobe für meine Forschungsfrage auch deshalb problematisch, weil Positionen,
die für die Struktur des Phänomens große Bedeutung haben, nicht unbedingt auch
zahlenmäßig stark vertreten sein müssen und daher die Gefahr besteht, dass diese
nicht Eingang in die Untersuchung finden.13 Daher wurde anstelle einer reprä-
sentativen Stichprobe ein strukturales Sample 14 gebildet: eine Anzahl von Fällen
(hier: lebensgeschichtliche Erzählungen), die jeweils unterschiedliche Positionen
hinsichtlich der für die Struktur des Phänomens relevanten Praktiken einneh-
men. Die Erstellung des Samples folgte dem Verlauf der Forschung. Zu Beginn
der Untersuchung herrschten noch relativ unklare Vorstellungen darüber, welche
Diffe renzierungen für einen Raum des Musizierens von Bedeutung wären. Mit dem
Fortschreiten der Untersuchung und zunehmender Klarheit über die relevanten
Differenzierungen wurden dem Sample neue Fälle hinzugefügt, um bislang noch
nicht berücksichtigte Positionen zu besetzen. Das Hinzufügen neuer Fälle verän-
derte wiederum den durch die multiple Korrespondenzanalyse erzeugten Raum
des Musizierens und führte zu neuen Erkenntnissen über die maßgeblichen Dif-
ferenzierungen und wiederum zum Hinzufügen neuer Fälle etc. Diese Vorgehens-
weise steht im Kontrast zur einmaligen Konstruktion einer Stichprobe am Beginn
der Forschung, welche die gesamte Untersuchung hindurch beibehalten wird. Sie
berücksichtigt stärker die anfängliche Unwissenheit des Forschers/der Forscherin
über die Struktur des untersuchten Phänomens, d. h. darüber, welche Differenzie-
rungen und Hierarchisierungen maßgeblich für das Phänomen sind und die daraus
resultierende Anforderung der schrittweisen Anpassung des Samples an die neu
gewonnenen Erkenntnisse.
Um die multiple Korrespondenzanalyse auf lebensgeschichtliche Erzählungen
anwenden zu können, wurden diese anhand einer Reihe von Fragen 15 kategorisiert
und damit in ein Erhebungsprotokoll übersetzt.16 Jede Erzählung (d. h. jeder Fall)
wurde als eine Vielzahl nominal kodierter Modalitäten
– d. h. Antworten auf Fragen,
die an die Erzählung gestellt wurden
– dargestellt (siehe Abbildung 12 weiter oben).
Damit konnten die Erzählungen in einer einheitlichen Form dargestellt werden,
welche die Anwendung des statistischen Verfahrens der multiplen Korrespondenz-
analyse erlaubte.17 Wie die Fälle des strukturalen Samples im Laufe der Untersuchung
12 Mejstrik, Ertüchtigung, 759.
13 Vgl. Bourdieu, Staatsadel, 283 f.
14 Vgl. ebd., 284; Mejstrik, Kunstmarkt, 133.
15 Siehe Kapitel 3.3 zur Organisation des strukturalen Samples.
16 Vgl. dazu auch Wadauer, Tour, 92 ff.
17 Vgl. Le Roux/Rouanet, Correspondence Analysis, 11.
Organisation des strukturalen Samples 91
back to the
book Über die Produktion von Tönen - Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938"
Über die Produktion von Tönen
Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Title
- Über die Produktion von Tönen
- Subtitle
- Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Author
- Georg Schinko
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20802-0
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 310
- Keywords
- Music-making, Musician, Work, Vocation, Art, Austria, Correspondence analysis, Life Writing, Interwar period --- Musizieren, Musiker, Arbeit, Beruf, Kunst, Österreich, Korrespondenzanalyse, Lebensgeschichtliche Erzählung, Zwischenkriegszeit
- Category
- Kunst und Kultur