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gelehrten Abhandlung, die mit einem für seine Zeit überraschend modern anmutenden
Anmerkungsapparat und zahlreichen Illustrationen aufwartet, den Plan, eine umfassende
Geschichte von Tragevehikeln von der Antike bis in die Gegenwart zu verfassen. Sein
Interesse ging dabei weit über den europäischen Kontinent hinaus und reichte bis nach
Amerika, Asien und Afrika. Er stellte in seinem Werk nicht nur verschiedenste Erfindun-
gen seiner Zeit vor – beispielsweise Tragsessel, die sich auch zum Stufensteigen eigneten,
ohne dass die darin transportierte Person in Schieflage geriet –, sondern widmete sich
auch verschiedenen zeitgenössischen Verordnungen, die den Gebrauch von öffentlichen
Miettragsesseln regelten. Zwar ist Schramms Werk als Produkt seiner Zeit heute nur noch
von eingeschränktem praktischem Nutzen für die Wissenschaft, es stellt aber dennoch
ein erstaunliches frühes Zeugnis der theoretischen Beschäftigung mit Tragevehikeln dar.
Bedauerlicherweise fand der deutsche Gelehrte für lange Zeit keine Nachfolger, die sein
Werk in ähnlich umfassender Weise aktualisiert und vertieft hätten. Erst der aus Straßburg
stammende, später in München tätige und historisch gebildete Wagenbauer Johann Chris-
tian Ginzrot setzte sich im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts wieder in vergleichbarer
Intensität mit der Geschichte von Tragsesseln und Sänften auseinander.3
Vorbildwirkung hatte Schramm für spätere Autoren – wie etwa Ginzrot – darin, dass
er ganz unterschiedliche Vehikeltypen, die auch verschiedene Anwendungsgebiete hatten,
gemeinsam behandelte und teilweise auch miteinander vermengte, nämlich einerseits
Tragsessel, die häufig auch als „Porte-Chaisen“ bezeichnet wurden, und andererseits Sänf-
ten.4 Während es sich bei Tragsesseln um vorwiegend im urbanen Bereich verwendete,
von Menschen beförderte Transportmittel für eine einzige Person handelte, wurden die
größeren Sänften, die anders als Tragsessel gestaltet waren und meist auch zwei Personen
Platz boten, in der Regel von Maultieren oder Pferden getragen und hauptsächlich auf
Reisen eingesetzt, und dies bereits über weite Strecken des Mittelalters hin. An den
Fürstenhöfen waren auch unterschiedliche Marstallabteilungen und Dienersparten für
diese Transportmittel zuständig. Die erwähnte Vermischung liegt unter anderem auch
darin begründet, dass damals allein in Teilen des süddeutschen Sprachraums – etwa in
3 Johann Christian Ginzrot, Die Wagen und Fahrwerke der Griechen und Römer und anderer
alten Völker nebst der Bespannung, Zäumung und Verzierung ihrer Zug-, Reit- und Last-Thiere,
2 Bde. (München 1817, Nachdruck Hildesheim/New York 1975), Bd. 2, S. 254–291, Taf. LXV–
LXVII; Johann Christian Ginzrot, Die Wagen und Fahrwerke der verschiedenen Voelker des
Mittelalters und der Kutschen-Bau neuester Zeiten nebst der Bespannung, Zäumung und Verzie-
rung ihrer Zug-, Reit- und Last-Thiere, 2 Bde. (München 1830, Nachdruck Hildesheim/New York
1979), Bd. 1, S. 132–148, Bd. 2, Taf. XXII, CXLVII.
4 Bereits wenige Jahre nach dem Erscheinen von Schramms Werk wurden auch im einflussreichen
Zedler’schen Universallexikon beide Vehikeltypen unter dem Eintrag „Sänfte, Tragsessel“ abgehan-
delt. Johann Heinrich Zedler, Universal-Lexicon, Bd. 33 (Leipzig/Halle 1742), Sp. 477.
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Title
- Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
- Subtitle
- Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Author
- Mario Döberl
- Editor
- Alejandro López Álvarez
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20966-9
- Size
- 17.5 x 24.7 cm
- Pages
- 432
- Categories
- Geschichte Vor 1918