Page - 148 - in Über Bücher reden - Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
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© 2021 V&R unipress, Brill Deutschland GmbH
ISBN Print: 9783847113232 – ISBN E-Lib: 9783737013239
Der Fokus aller Rezensionen liegt auf der Figurenzeichnung, was sich bei
einem Roman anbietet, der zwei ins Extreme getriebene Kontrahenten als
Protagonisten installiert, die sich einDuell umFlora und Fauna einer kalifor-
nischen Insel liefern. Insgesamt agieren die Rezensentinnen undRezensenten
starkdeskriptiv inBezug auf FigurenundPlot, und auffällig ist dieDominanz
persönlicherVorlieben bei gleichzeitiger Intransparenz derWertungskriterien.
Die zentralemoralische Frage desRomans bleibt unberührt, dieKritikerinnen
undKritikerhütensichdavor, eineSeiteeinzunehmen.Auch inderLesegruppe
werden Figuren und Plot rekonstruiert, darüber hinaus wird die moralische
Frage (Eingreifen oder nicht? Regelt sich die Natur nicht auch von selbst und
wieweit kann sieüberhaupt zerstörtwerden?WieüberheblichgehenMenschen
vor?)mitVerve aufgenommenundumfangreichdiskutiert sowiemitBeobach-
tungenausdiversenUrlauben,persönlichenErfahrungsberichtenundjenenvon
Verwandten sowie Beispielen aus Filmen undTV-Dokumentationen unterfüt-
tert. Inder geschlechtlichgemischtenGruppewirddarüberhinausdieGender-
frage debattiert. EineTeilnehmerin geht davon aus, dass sichBoyle (beiAlmas
Schwangerschaftsgeständnis, s. o.)nicht indieweiblichePerspektivehineinver-
setzenkann:„SokannnureinMannschreiben,derüberhauptkeineAhnunghat,
wieeineFrauwirklichreagiert“(G1/D1/Bw1,Z.1467;undvgl.ebensoZ.1512ff).
Demgegenüber vermagder einzigeMann inderGruppe zuverstehen, „wiedas
gelaufen ist“ (G1/D1/Bm1,Z. 1468–1470), ebenso, dassdieFrauenfigur roman-
tisch gezeichnet wurde: „Ja, Frauen sind Tagträumer“ (G1/D1/Bm1, Z. 1773),
worauf ihm vehement widersprochen wird: „Es gibt nichts Realistischeres als
Frauen.“ (G1/D1/Bw1,Z.1777ff.)Ergänzend inderFragewirddieFigurDave in
ihrem „Machoverhalten“ kritisiert (G1/D1/Bw3, Bw4, Bw7, Z. 2324ff.). In der
LeserundewerdenFremdwörter geklärt, einzelneFormulierungenderÜberset-
zung skeptischbetrachtet und zwei sachlichePunkte korrigiert. AuchdasAus-
sehendesAutors spielt eineRolle.Mankommt zudemSchluss, dass sich sein
„extremer“ Stil in einemPorträtfoto abbildet: „wie er schreibt, schaut er aus.“
(G1/D1/Bw1, 624,Z. 633ff.)
Gruppe1:
Diskussionzu JohnWilliams (2013)Stoner imVergleichmit
25Buchbesprechungen (14Langrezensionen,11Kurzkritiken)
Für Lesegruppen ist Stoner ein nahezu prototypisch geeignetes Buch. Der
gleichnamige Protagonist des Romans erweist sich als schwer durchschaubare
Figur,die inderFrage,obihrLebenalseingelungenesodersogarglücklicheszu
bilanzierenoderobsienichtzuduldsamoderdochauchdurchsetzungsfähigsei,
RenateGiacomuzzi /GerdaE.Moser
/VeronikaSchuchter148
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Über Bücher reden
Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
- Title
- Über Bücher reden
- Subtitle
- Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
- Author
- Doris Moser
- Editor
- Claudia Dürr
- Publisher
- V&R unipress
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1323-9
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 262
- Category
- Lehrbücher