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3.3. DIE VERVOLLSTÄNDIGUNG DER UNIVERSITÄT UND DAS GERÜCHT UM AUFLÖSUNG 131
anwesenden Professoren, beim sich konstituierenden Tiroler Landtag die
Vervollständigung der Universität auf die Tagesordnung zu setzen.106 Die
Professoren schlugen dazu eine Aufwertung des bestehenden niederen medi-
zinisch-chirurgischen Studiums107 zu einer Fakultät und die Schaffung einer
theologischen Fakultät vor, wenn nötig durch die Übertragung des Brixner
Seminars nach Innsbruck.108
Auf Grund dieses Beschlusses entstand dann auch ein Entwurf für die
„Bitte um Wiederherstellung der Universität mit allen vier Fakultäten“, der
in den Akten des Rektorats überliefert ist.109 Nach der einleitenden Bitte um
Vervollständigung der Universität führte man vier Gründe an, warum dies
geschehen solle. Diese Gründe machen – wie oben bereits teilweise angedeu-
tet – deutlich, welche Rolle die Professoren der Universität zuerkannten. Als
ersten Grund führt der Schreiber das historische Recht der Universität auf
alle vier Fakultäten an, zumal ihr bei der Gründung diese Privilegien zuge-
standen worden waren. Das zweite Argument ist aufschlussreicher, bezieht
es sich doch auf die ‚Idee der Universität‘:
Den Hochschulen liegt eine Idee, die Idee der Einheit aller Wissenschaften
zum Grunde, denn eine Hochschule ist eine dieser Idee entsprungene Lehr-
anstalt, ein Verein von Lehrern, unter welche das gesammte Gebieth des ver-
schiedenen Wissens so vertheilt ist, wie es die Verschiedenheit und die Ver-
wandtschaft unter den Wissenschaften fordert. Nach dieser Idee richten sich
die Grundregeln für die Organisation solcher Lehranstalten.110
Daher würde auch die „Zerstückelung des Ganzen“ negative Auswirkungen
auf den universalen Anspruch der Universität haben und letztlich zu Klein-
geistigkeit und Pedanterie führen und die Universität „auf das Nützliche“ re-
duzieren: Und gerade in diesem „vorgesetzten Nützlichkeitsprinzip liegt der
106 Siehe Senatssitzungsprotokoll, Innsbruck 06.06.1848, Senatssitzungsprotokolle 3, Nr. 168,
Universitätsarchiv Innsbruck; Senatssitzungsprotokoll, Innsbruck 23.06.1848, Senatssit-
zungsprotokolle 3, Nr. 179, Universitätsarchiv Innsbruck. Vgl. insgesamt zu den gesam-
ten Vorgängen den Aufsatz von Huter, Salzburg oder Innsbruck? Huter hat allerdings die
Quellen aus dem Universitätsarchiv, die hier zusätzlich verwendet wurden, nicht einbezo-
gen.
107 Zum medizinischen Studium siehe HuBer, Geschichte der Medizinischen Fakultät Inns-
bruck und der medizinisch-chirurgischen Studienanstalt.
108 Senatssitzungsprotokoll, Innsbruck 06.06.1848, Senatssitzungsprotokolle 3, Nr. 168, Uni-
versitätsarchiv Innsbruck.
109 Bitte um Wiederherstellung der Universität mit allen vier Fakultäten (Konzept), Inns-
bruck Juli 1848, Akten des Rektorats 17, 217/R ex 1848/49, Universitätsarchiv Innsbruck.
110 Ebenda.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen