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3 DIE REFORMEN AN DER UNIVERSITÄT
INNSBRUCK136
schof Bernhard Galura132 herunterzuspielen und schlug daher auch vor, den
Bischofssitz nach Innsbruck zu verlegen, zumal eine Landeshauptstadt ohne
Bischof in der ganzen Monarchie fast einzigartig sei. Auch bezüglich der
anderen Punkte bot das Gubernium Lösungen an: Was beispielsweise die
Kliniken betraf, glaubte man etwa durch erleichterte Aufnahme von Kran-
ken aus niederen sozialen Schichten in die Kliniken die Zahl der Patienten
derart steigern zu können, dass aus „der Krankenmenge wohl taugliche In-
dividuen in zureichender Zahl sich finden würden.“133 Außerdem könnte man
auch „interessante Kranke“134 aus den Spitälern von Schwaz und Hall nach
Innsbruck bringen, damit diese dort für die medizinische Fakultät und zu
Ausbildungszwecken der Studenten ‚zur Verfügung‘ stehen würden. Zur De-
ckung der zusätzlichen Kosten für die Fakultät – 15.000 fl. – wurde vorge-
schlagen, die Stiftung der Universität wiederzubeleben, schließlich wäre der
Staat für die Erhaltung seiner Universitäten zuständig. Zur Bekräftigung
der Argumente rief man am Ende des Gutachtens noch einmal die jüngsten
Zeitläufte ins Gedächtnis und betonte: Während nämlich in Wien die Revo-
lution tobte, blieben die Tiroler im Allgemeinen und die Tiroler Studenten
und Professoren im Speziellen ruhig und bedacht. Der gute Geist der Tiroler
könnte daher in einer vollständigen Universität – und nur eine solche wäre
wirklich überlebensfähig – positiv auf eine größere Anzahl von Studenten
wirken. Außerdem wäre dann die Gefahr gebannt, dass junge Tiroler für ein
Studium ins ‚Ausland‘ gehen müssten, von wo sie verdorben zurückkehrten.
Letztlich konnte die Hoffnung des Guberniums auf Vervollständigung der
Universität, bei all diesen unerfüllten Bedingungen jedoch nicht allzu groß
sein. Und so kam es auch: All die Appelle an das Ministerium und die Ver-
weise auf die Tiroler Verdienste wurden nicht gehört und die Universität
blieb vorerst eine Rumpfuniversität mit zwei Fakultäten und einem medizi-
nisch-chirurgischen Studium.135
3.4. Erste Probleme bei der Umsetzung der Reform
Der Betrieb an der Universität lief trotz alledem weiter, vor allem die neue
philosophische Fakultät war jedoch ein Provisorium, das für einige Verun-
132 Bernhard Galura (Herbholzheim 1764–1856 Brixen), 1788 Priesterweihe, 1810–1815 Pfar-
rer an der Freiburger Martinskirche, ab 1815 Regierungsrat und geistlicher Referent in
Innsbruck, 1818 Generalvikar des Brixener Fürstbischofs für Feldkirch, ab 1820 Weihbi-
schof in Feldkirch, ab 1829 Fürstbischof von Brixen.
133 Ebenda.
134 Ebenda.
135 Siehe die knappe Mitteilung an die Universität in 860/Praes., Innsbruck 20.02.1849, Akten
des Rektorats 17, 165/R ex 1848/49, Universitätsarchiv Innsbruck.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen