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3.4. ERSTE PROBLEME BEI DER UMSETZUNG DER REFORM 147
den Titel eines Professors für deutsche Sprache führen.180 Die Fakultät bat
daraufhin noch einmal, dass Nowotny als Lehrer für italienische Sprache
belassen werde, und bat gleichzeitig um eine Erhöhung des Gehalts auf 900
fl., was also beinahe dem Grundgehalt eines Professors entsprach.181
Die Entscheidung über dieses Gesuch zog sich lange hin, auch weil sich
das Finanzministerium nicht bereit erklären wollte, zwei Professoren für
Italienisch in Innsbruck zu finanzieren. Schließlich konnte Thun Finanzmi-
nister und Kaiser jedoch mit zwei Argumenten überzeugen: Zunächst ver-
wies Thun auf die heikle Situation im zweisprachigen Kronland Tirol, wo
„die Weckung des deutschen Elements unterstützt werden“182 sollte. Den Fi-
nanzminister überzeugte Thun jedoch wahrscheinlich mit dem Argument,
dass es keinen großen Unterschied mache, ob man Nowotny ein reguläres
Gehalt bezahle und dafür eine Leistung erhalte oder eben ein „Qiueszen-
tengehalt“183. Letzten Endes gewährte man Nowotny nicht das gewünschte
Gehalt von 900 fl. sondern lediglich den Fortbezug der 500 fl. und 200 fl. als
Remuneration für den Sprachunterricht in italienischer Sprache.184
Die langwierige Geschichte um die Stellung Nowotnys erweist sich daher
in mehrfacher Hinsicht als symptomatisch: Zunächst ist sie Ausdruck des
Versuchs, die philosophische Fakultät zu einer wissenschaftlichen Einrich-
tung umzugestalten. Es zeigt sich, dass man klar unterschied zwischen einem
neuen wissenschaftlichen Anspruch der Fakultät und der alten rein propä-
deutischen Funktion der philosophischen Fakultät. Außerdem offenbart die
Episode, dass altgediente Professoren den Ansprüchen, die man nun an sie
stellte, vielfach nicht mehr genügten, womit der Erfolg der Reform auch ein
Stück weit die Frage eines Generationenwechsels war. Während die Reform
das Gesamtsystem verbessert und sich den neuen Voraussetzungen angepasst
180 Helfert an Bissingen, Wien 21.08.1853, Statthalterei Studien 9134 ad 7140/1853, Tiroler
Landesarchiv.
181 Sammelakt Nowotny, Akten der Philosophischen Fakultät 16, 136/PH ex 1849/50, Univer-
sitätsarchiv Innsbruck.
182 Majestätsvortrag, Wien 30.03.1854, MCU Präs. 6126/1854, Österreichisches Staatsarchiv,
Allgemeines Verwaltungsarchiv.
183 Ministerkonferenz vom 11. April 1854, in: Die Protokolle des österreichischen Ministerra-
tes (1848–1867). III. Abteilung (Das Ministerium Buol-Schauenstein), Bd. 3, Wien 1984,
S. 220. Das finanzielle Argument findet sich auch bereits in Ebner an Thun, Innsbruck
19.08.1852, MCU Allg., Sig. 5 Fasz. 1023 (Karton 1084), Österreichisches Staatsarchiv,
Allgemeines Verwaltungsarchiv.
184 Vgl. Sammelakt Nowotny, Akten der Philosophischen Fakultät 16, 136/PH ex 1849/50,
Universitätsarchiv Innsbruck. Siehe bei oBerkofLer, Der italienische Sprachunterricht an
der Philosophischen Fakultät Innsbruck im Vormärz, S. 19 zur weiteren Lehrtätigkeit von
Nowotny bis zu seinem Tod 1858.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen