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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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offenbar ein starkes Bedürfnis, die ‚katholische Sache‘ zu verteidigen, und in
den Artikeln und auch in seinen späteren Projekten lässt sich deutlich der
Wille erkennen, sich als Kämpfer für den katholischen Glauben und gegen
den Liberalismus zu positionieren. Die Anfeindungen, die er deswegen er-
tragen musste, scheinen ihn indes nicht entmutigt, sondern vielmehr darin
bestätigt zu haben, seinen Kampf gegen den Liberalismus fortzusetzen. Da-
rin wähnte er sich, wie im Übrigen auch Phillips oder andere Ultramontane,
in der christlichen Tradition des märtyrerhaften Eintretens für ihren Glau-
ben.113 Bei Moy und Phillips scheint dies indes zu einer gewissen Selbstüber-
schätzung geführt zu haben. Die publizistische Tätigkeit kann bei Moy wohl
durchaus auch als laisierte Form der Predigt gesehen werden, durch die er
die Reihen innerhalb der Katholiken zu schließen versuchte, und einen Ge-
genpol zur liberalen Presse etablierte. Ab 1856 engagierte sich Moy auch in
der Marianischen Gesellschaft in Innsbruck und war als zentrale Persön-
lichkeit für den Aufbau der Marianischen Vereinsbuchhandlung verantwort-
lich.114
In der Familie Giovanelli war das publizistische Engagement jedoch nicht
gerade gern gesehen, diverse Male lässt sich aus den in der Chronik zitierten
Briefen der Vorbehalt gegenüber diesem unsicheren Geschäft erkennen.115
Zudem scheint diese ‚Projektemacherei‘ nicht dem adeligen Selbstverständ-
nis der Giovanelli entsprochen zu haben. Allerdings legen die Quellen aus
der Chronik die Vermutung nahe, dass die Tätigkeit als Redakteur und
Verleger der Tiroler Zeitung dennoch den Weg zu seiner Anstellung an der
Universität geebnet hat, denn bei einem Besuch des Kaisers in Innsbruck
im Oktober 1850116 konnte Moy sich einigen Vertrauten des Kaisers nähern.
Diesen erzählte er von den Umtrieben der lokalen radikalen Presse, beson-
ders der Innsbrucker Zeitung117, und stellte jener liberalen Zeitung die loyale
113 Vgl. dazu auch PriescHing, Maria von Mörl (1812–1868), S. 66–70.
114 Vgl. dazu bei Karl kLaar, Gründung und Fortschritt der Firma Marianische Vereinsbuch-
handlung und Buchdruckerei A.G. Innsbruck. Die Jahre 1856–1936. Rückschau, Innsbruck
1936.
115 Vgl. Giovanellische Familiengeschichte, Microfilm 1231, Tiroler Landesarchiv, S. 8323–
8326.
116 Der Besuch fand vom 5. – 17. Oktober 1850 statt. Siehe unterkircHer, Chronik von Inns-
bruck, S. 388–389.
117 Vgl. zur Zeitung bei Helmut reinaLter, Joseph Ennemosers Auseinandersetzung mit den
„Katholischen Blättern aus Tirol“ – eine frühe Form des Kulturkampfs? in: Ellen Hastaba/
Siegfried de Rachewiltz (Hgg.), Für Freiheit, Wahrheit und Recht! Joseph Ennemoser und
Jakob Philipp Fallmerayer. Tirol von 1809 bis 1848/49, Innsbruck 2009, S. 291–302; zur
Auseinandersetzung mit der Tiroler Zeitung vor allem auch bei Ellen HastaBa, „Für Frei-
heit, Wahrheit und Recht!“. Archivalische Trouvaillen aus dem Tiroler Landesarchiv und
dem Ferdinandeum zur kurzen Geschichte der „Innsbrucker Zeitung“ (1848–1852), in: Wis-
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen