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5.5. DIE KANZEL FÜR NATURGESCHICHTE UND LANDWIRTSCHAFTSLEHRE 209
eine Versetzung an eine Realschule erbeten würde.195 Köhler war mit diesem
Handel einverstanden und sandte sein Versetzungsgesuch nur zehn Tage
später an die Statthalterei, von wo aus das Gesuch weiter nach Wien geleitet
wurde.196 Um den Schein vollkommen zu wahren, rechtfertigt Köhler darin
sein Gesuch um Versetzung damit, dass er gern „einen größeren Zuhörer-
kreis als Lehrer“197 hätte. Nur der Erzherzog war mit der von Thun vorge-
schlagenen Lösung nicht vollkommen einverstanden, weshalb er zwar des-
sen Versetzungsgesuch unterstützte, jedoch eigenmächtig beschloss, Köhler
umgehend und solange zu beurlauben, bis seine Versetzung vollzogen sei.198
Bis zur Entscheidung über einen definitiven Nachfolger sollte daher
erneut Adolf Pichler das Fach supplieren, der immer noch als Gymnasial-
lehrer in Innsbruck wirkte. Bei der Übergabe des Naturalienkabinetts von
Köhler an Pichler musste dieser schließlich noch weitere Unregelmäßigkei-
ten auch bei der Führung des Kabinetts feststellen. Julius Ficker als De-
kan der philosophischen Fakultät plädierte allerdings dafür, in diesem Fall
Köhler zu entlasten, da dieser die Abgänge im Kabinett glaubhaft erklären
konnte und er dem Naturalienkabinett zudem zahlreiche Zuwendungen ge-
macht hatte.199
Pichler war damit wieder in derselben Position wie schon knapp ein
Jahrzehnt zuvor, und wieder machte er sich Hoffnungen darauf, dass ihm
die Kanzel für Naturgeschichte definitiv verliehen werden würde.200 Aller-
dings sollte seine Hoffnung auch in diesem Fall enttäuscht werden. Die
philosophische Fakultät erhielt vom Ministerium im Juli 1860 den Auftrag,
für die Besetzung der Kanzel einen Dreiervorschlag im MCU zu deponie-
ren. Das Ministerium hatte die Fakultät auch aufgefordert, die Stelle nicht
öffentlich auszuschreiben, sondern lediglich die eingelangten Bewerbungen
zu reihen. Die Fakultät kam dieser Vorgabe umgehend nach und schickte
bereits am 3. August 1860 die Terna an das Ministerium201: Pichler war
195 Siehe Thun an Karl Ludwig (eh. Konzept), Wien 19.05.1859, MCU Allg. Sign. 5, Fasz. 1015
(Ktn. 1073), Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
196 Vgl. Köhler an MCU, Innsbruck 28.05.1859, MCU Allg. Sign. 5, Fasz. 1015 (Ktn. 1073),
Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
197 Ebenda.
198 Siehe Karl Ludwig an Thun, Innsbruck 01.06.1859, MCU Allg. Sign. 5, Fasz. 1015 (Ktn.
1073), Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
199 Sammelakte Joseph Köhler, Innsbruck, Akten der Statthalterein, Studien 122, 32/1859,
Tiroler Landesarchiv
200 PicHLer, Aus Tagebüchern, S. 2–3.
201 Der Text des Antrags ist abgedruckt bei goLLer et al., Mineralogie und Geologie an der Le-
opold-Franzens-Universität Innsbruck (1867–1945), S. 39–40. Im Personalakt von Kerner
im AVA, MCU Allg. Sig. 5, Fasz. 1015 findet sich auch die Kompetententabelle, welche die
Fakultät an das Ministerium gesandt hatte.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen